Unterwegs

Warum Malaga?

Bei manchen trendigen Reisezielen fragt man sich: Warum? In Málaga fanden wir eine Antwort, wenn auch erst am späten Abend.

Málaga war früher nur als Eissorte beliebt: Eier, Zucker, Schlag und Rosinen in Süßwein. Die Stadt selbigen Namens galt als das hässliche Entlein Andalusiens, und selbst der großzügige grüne Michelin-Führer vergab ihr nur ein einziges mickriges Sternchen. Jetzt ist sie ein Hotspot, und wir waren voller Begierde zu erfahren, was sich geändert hat.

Nun ja: nicht viel. Vor der Kathedrale bilden sich lange Schlangen, aber sie bleibt kunstgeschichtlich ein schlechter Scherz. Auch zwischen den spärlichen Trümmern der maurischen Burg wimmelt es von Touristen, aber sie bleibt eine Alhambra für ganz Arme. Oben schaut man wie früher auf eine Ansammlung von Hochhäusern im diktatorischen Charme der Franco-Ära. Ach ja, dann gibt es da noch das Picasso-Museum. Recht nett. Eben das, was sich in unserem Jahrhundert noch zusammenkratzen ließ an nicht ganz so meisterlichen Werken des größten Sohnes der Stadt. Auch vor ihnen schieben sich die Massen.

Man fragt sich: Was machen die alle da? Am Abend wissen wir es: Sie brachten die Stunden rum mit dem, was sie in ihrem banausenhaften Irrglauben für ein kulturelles Pflichtprogramm hielten. Bis der Tag sich endlich neigt und die fröhliche Fiesta beginnt.

Die Altstadt ist nun Fußgängerzone, die Malagueños selbst stürmen sie nächtens am Wochenende, und die Stimmung ist super. Eine Azulejo-Kachel vor einer Bar lehrt uns, worauf es im Leben wirklich ankommt und was wir deshalb vom Herrgott erbitten sollten – Zweisamkeit, ein sonniges Gemüt, vor allem aber ein kühles Bierchen: „Dame amor, alegría y una cerveza bien fría“. Na dann: ¡Salúd!

karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2023)

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