Wohngeschichte

Kollektion "Zu Hause": Designerin Lisi Lang wohnt "üppig und bunt"

Unweit des Wiener Raimundtheaters bewohnt die Designerin eine Mietwohnung. Hier wird Klavier gespielt, gefeiert und gearbeitet.

Nach langer Wohnzeit im 15. Bezirk hatte Designerin Lisi Lang Lust auf Neues – und spazierte vor rund zehn Jahren stadteinwärts über den Gürtel, um Wohnungen zu besichtigen. „Und fand diese, 100 m2 größer als mein damaliges 30-m2-Domizil, und nur 150 Euro teurer.“ Sie war sofort von der Großzügigkeit und vom Licht überzeugt – und von der Lage unweit des Raimundtheaters. „In der Beletage wohnte einst der Regisseur und Filmemacher Otto Preminger“, erzählt Lang. „Die Partys sollen legendär gewesen sein.“ Auch sonst sei das Haus voller Geschichten, die die Mieter – zum Teil noch im Erstbezug – erzählen.

Üppig und bunt

Langs Wohnung im ersten Stock glänzt mit einem großzügigen Salon: In den 1920er-Jahren wurde die Wand zwischen zwei Wohnzimmern herausgenommen, erzählt die Designerin, die gern Freundinnen und Bekannte als Models für ihre Kollektionen einsetzt, „um ihre Persönlichkeit beim Vorführen der Kleidungsstücke hervorzuheben“. Hier wird Klavier gespielt, ferngesehen, gelesen, gegessen, gefeiert und vor allem gearbeitet, da die Hälfte des großen Raums auch als Schneideratelier, Werkstatt und Büro dient.

Im Kabinett werden alte Kollektionen und Schneiderzubehör aufbewahrt. Beim Stöbern findet man Stoffproben, Zippverschlüsse, Nähseiden, Unmengen an bunten Gummibändern, Kordeln, Klettverschlüssen, Knöpfe und andere Dinge, die das Schneiderinnenherz begehrt. Auch die Online-Bestellungen werden hier in Seidenpapier verpackt. Das Schlafzimmer wird tagsüber als Home-Office benützt, das große Vorzimmer ist gleichzeitig Warteraum, Ess- und Schminkzimmer. Am Wiener Charme – Parkettböden, Flügeltüren, viel Stuck, alte Holzfenster – wurde nichts verändert. Nur die Küche wurde renoviert und von einer befreundeten Tischlerin mit Modular-Möbeln ausgestattet.

Lisi Lang ist leidenschaftliche Sammlerin von Porzellangeschirr.D. Barbier

Ihren Einrichtungsstil bezeichnet Lang als „üppig“: Sie sammelt gern, etwa Porzellan und Keramik. Wichtige Elemente sind auch Pflanzen, Bücher, Magazine und Bilder von Fotografien und Malereien bis zu Kinderzeichnungen. Die Jugendstilbank mit zwei Sesseln im Vorzimmer ist ein Geschenk der Eltern und wurde mit Backhausen-Stoffen neu bezogen. „Das sind Stücke, die immer bei mir bleiben werden, weil ich mit ihnen aufgewachsen bin.“ Im Vorzimmer steht auch ein alter Spiegelschrank aus dem Jahr 1905. Als Garderobe dient eine Kleiderstange aus den 1960er-Jahren, die sie über willhaben.at erstanden hat. Das Modul-Regal „Frank“ im Vorzimmer ist ein Entwurf von Oliver Schübbe. „Das habe ich über Udo Holtkamp von der Recyclingbörse Herford erstanden. Ein super Sozialprojekt, mit 50 Festangestellten und Beschäftigungsträgern für rund 100 Langzeitarbeitslose.“

Möbel gegen Kleidung

Viele Stücke sind selbst gebaut oder von befreundeten Designerinnen, die sie auf diversen Messen in den vergangenen Jahren kennengelernt hat. Auch getauscht wird immer wieder: Möbel, Lampen, Designstücke gegen Kleidung. „Das ist natürlich sehr praktisch und schön, wenn man sich für die Arbeit des anderen interessiert.“ Im Atelier findet sich eine Industrienähmaschine aus den 1950er-Jahren, das Geschenk einer Freundin. Ein Schreibtisch stammt aus der Kirchengasse, wo sich ihr ehemaliges Geschäft befunden hat.

Wohnen, arbeiten, feiern und schaukeln - das üppige Reich von Lisi Lang.D. Barbier

„Die Wohnung der verstorbenen Besitzerin wurde ausgeräumt. Wir durften nehmen, was uns gefiel. So kam eine Stehlampe aus den 1920er-Jahren mit riesigem Plissée-Schirm aus elfenbeinfarbener Seide ins Haus.“ Im Atelier findet man auch ihren alten Kinderschreibtisch. „Mein Vater hat ihn immer wieder renoviert, er hält bis heute.“ Ein neues Stück ist der Gründerzeit-Sekretär mit eingebautem Licht aus der Glasfabrik. Die Sitzgelegenheit im Wohnzimmer ist eine Dreiergruppe von runden, mit Samt bezogenen Hockern von Tischlerin Birgit Kumpusch. Manche Stücke ändern ihre Funktion im Lauf der Zeit: Das Eichenholzregal, das als Trennwand zwischen Atelier und Wohnraum dient, war früher ihr Kassatisch, die kleinen Hocker mit den floralen Bezügen begleiten sie seit 2012.

ZUM ORT, ZUR PERSON

Das Raimundtheater in der Wallgasse verleiht dem Gründerzeitviertel künstlerisches Flair. Mietwohnungen (neu) kosten in Mariahilf rund 13,50 Euro/m2. Lisi Lang ist in Wien als Modedesignerin tätig. www.lila.cx, shop.lila.cx [ Barbier]

Ihr Lieblingsplatz ist das offene Fenster im Wohnzimmer. „Da sitze ich gern am inneren Fensterbrett neben meinen Pflanzen und genieße die Sonne. Ich höre die Menschen, die sich miteinander unterhalten, die Kinder, die im Schulhof spielen, die Leute im Gastgarten der Pizzeria im Erdgeschoß, die Musik des Raimundtheaters bei der Probe, einfach das Rauschen der Stadt, und ich habe tausend Ideen auf einmal.“

 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2023)

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