Terror

Terroranschlag in Wien: Möglicher Beitragstäter auf freiem Fuß

Die Presse/Clemens Fabry
  • Drucken

Der Slowene soll dem Attentäter Sturmgewehr und Munition geliefert haben. In Slowenien lehnt man eine Strafverfolgung gegen den ihn jedoch ab. Die Staatsanwaltschaft Wien beruft indes gegen zwei Urteile des Terrorprozesses.

Im Zusammenhang mit dem Terror-Anschlag in Wien hat Slowenien die Strafverfolgung eines mutmaßlichen slowenischen Waffenhändlers abgelehnt. Er steht im Verdacht, dem Attentäter das beim Attentat verwendete Sturmgewehr und die Munition nach Wien gebracht zu haben. Das teilte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, mit.

Adam M., der vergangene Woche zu lebenslanger Haft nicht rechtskräftig verurteilt wurde, soll zwischen dem Händler und dem Attentäter vermittelt haben. Der Slowene Marsel O. wird verdächtigt, im Juni 2020 das Sturmgewehr in einem roten Mazda von Slowenien in die Bundeshauptstadt geliefert zu haben. Der spätere Attentäter soll die Waffe in einer Tasche in der Nähe einer Shisha-Bar in Wien-Leopoldstadt entgegengenommen haben.

Slowenien um Übernahme ersucht - abgelehnt

Wenige Wochen vor dem Anschlag soll der Attentäter dann auch noch die Munition in einem Plastiksackerl bekommen haben, die der Slowene wiederum entgeltlich nach Wien gebracht haben dürfte. Das hatte Adam M. nach seiner Festnahme im Ermittlungsverfahren angegeben.

Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigt, dass gegen Marsel O. weiter ein Inlandsverfahren geführt wird - notgedrungen, wie Behördensprecherin Bussek erläuterte: "Wir haben Slowenien um die Übernahme der Strafverfolgung ersucht." Das sei abgelehnt worden. Auf die Frage nach dem Warum bemerkte Bussek: "Dazu können wir nichts sagen." Jedenfalls werde von der Wiener Anklagebehörde "der Sachverhalt ermittelt".

Ob diese Ermittlungen am Ende von Erfolg gekrönt sein werden, ist insofern fraglich, als sich Marsel O. auf freiem Fuß befindet, wie Bussek weiter erklärte: "Es gab nie einen Haftbefehl." Der Mann befinde sich folglich auch nicht in Haft.

Staatsanwaltschaft beruft gegen zwei Urteile

Indes teilte Bussek ebenfalls mit, dass die Staatsanwaltschaft Wien nach dem Terror-Prozess in zwei Fällen Strafberufung einlegen wird. Betroffen davon sind der Dritt- und der Sechstangeklagte.

Der 24-jährige Drittangeklagte hatte in erster Instanz wegen terroristischer Straftaten in Verbindung mit Beteiligung am Mord, Mitgliedschaft in der radikal-islamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) und Verbreitung von IS-Propagandamaterial 20 Jahre Haft ausgefasst. Sechs von acht Geschworenen waren überzeugt, dass er an Vorbereitungen am Anschlag und an der geplanten Flucht des Attentäters beteiligt war sowie diesen in Richtung Tatbegehung bestärkt hatte.

Nach Syrien, um sich dem IS anzuschließen

Der 24-Jährige wäre nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Wien jedoch zu lebenslanger Haft zu verurteilen gewesen. Denn er hatte den Attentäter bereits 2018 zum IS nach Syrien begleiten wollen. Die beiden IS-Sympathisanten waren damals aber vor dem beabsichtigten Grenzübertritt auf türkischem Territorium festgenommen und von den türkischen Behörden nach Österreich abgeschoben worden. Am 25. April 2019 wurden beide vom Wiener Landesgericht für Strafsachen jeweils zu 22 Monaten unbedingte Haft verurteilt.

Die Inhaftierung und ein Deradikalisierungsprogramm seitens des Vereins Derad hielt augenscheinlich weder den Attentäter noch seinen 24-jährigen Bekannten nach deren Haftentlassung von der Begehung weiterer terroristischer Straftaten im Namen des IS ab.

Zu Schusswaffe verholfen

Eine höhere Strafe verlangt die Staatsanwaltschaft auch für den Sechstangeklagten, auf dessen Spur die Strafverfolgungsbehörden erst relativ spät gekommen waren. Der Mann wurde erst am 12. April 2021 in U-Haft genommen. Den Geschworenen zufolge förderte er den Terror-Anschlag, indem er sich ab April 2020 dafür einsetzte, dass der Attentäter an Schusswaffen kam und im Juni 2020 den Kontakt zu einem Waffen-Vermittler herstellte, fasste der 23-Jährige in erster Instanz 19 Jahre Haft aus.

Die Rechtsvertreter der beiden Angeklagten hatten bereits unmittelbar nach der Urteilsverkündung jeweils Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet. Dasselbe taten auch die Verteidiger des Viert- und des Fünftangeklagten, die für die Vermittlung der Kalaschnikow und einer Pistole an den Attentäter bzw. Unterstützung und Bestärkung des Attentäters sowie Vorbereitens der Tatwaffen jeweils lebenslange Haftstrafen kassiert hatten.

Zwei Urteile rechtskräftig

Somit muss sich zunächst der Oberste Gerichtshof (OGH) mit den Rechtsmitteln der vier vom Erstgericht streng Bestraften auseinandersetzen. Demgegenüber sind die erstinstanzlichen Urteile gegen den Erst- und den Zweitangeklagten rechtskräftig. Denn die Staatsanwaltschaft nahm in diesen beiden Fällen von Rechtsmitteln Abstand, wie Behördensprecherin Bussek darlegte. Die beiden Männer bzw. ihre Verteidiger hatten bereits nach der Urteilsverkündung jeweils auf Rechtsmittel verzichtet.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.