"Völlig inakzeptabel“

Syrische Regierung bombardiert von Erdbeben betroffenes Gebiet

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Das Assad-Regime hat eine von der Opposition gehaltene Stadt nördlich von Aleppo bombardiert. Britischer Außenminister Cleverly verurteilte die Attacke als "völlig inakzeptabel“.

Syrische Regierungstruppen haben kurz nach dem Erdbeben von der Opposition gehaltene Gebiete angegriffen, die von der Katastrophe am Montag schwer betroffen sind. Dies vermeldete das Online-Portal "Middle East Eye" (MEE) am Dienstag unter Berufung auf syrische Quellen und britische Abgeordnete. Der Angriff auf Marea, eine Stadt 35 Kilometer nördlich von Aleppo, erfolgte, als Einwohner versuchten, unter eingestürzten Gebäuden Verschüttete zu retten.

Dies berichtete die konservative britische Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Alicia Kearns. Der britische Außenminister James Cleverly verurteilte die Regierung von Machthaber Bashar al-Assad für die "völlig inakzeptable Bombardierung", die einem "langjährigem Verhaltensmuster des Assad-Regimes" entspreche. Man werde versuchen, durch fortgesetzte Sanktionen in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern ein erneutes Verhalten wie dieses zu verhindern, sagte er laut dem Fernsehnetzwerk "Sky News".

„Gefühllos und abscheulich"

Kearns bezeichnete den Angriff als "wirklich gefühllosen und abscheulichen Angriff" sowie Opportunismus. Ziel sei, "die gemäßigte Opposition anzugreifen und zu zerstören", so die Konservative vor Abgeordneten. Die von der Opposition in den Rebellengebieten im Nordwesten betriebene Zivilschutzorganisation "Weißhelme" hatte zuvor in einem Brief Diplomaten aufgefordert, Druck auf Damaskus auszuüben, "um sicherzustellen, dass es in den betroffenen Gebieten keine Bombenangriffe gibt".

Die Erdbeben-Katastrophe vom Montag traf im Norden Syriens Gebiete unter verschiedener Kontrolle. Die politische Lage erschwert den Transport von Hilfsgütern und die Rettungsaktionen zusätzlich. Zwischen der Türkei und Syrien gibt es einen einzigen offenen Grenzübergang, Bab al-Hawa. Wegen Straßenschäden verzögere sich dort die Lieferung humanitärer Hilfe, sagten UNO-Quellen. Aus der Gegend des Grenzübergangs hieß es, einige Hauptstraßen auf dem Weg zur Grenze hätten durch die Beben Risse oder andere Schäden erlitten.

Die syrische Regierung und ihr Verbündeter Russland hatten in den vergangenen Jahren einen entsprechenden UNO-Hilfsmechanismus mit mehreren Übergängen Schritt für Schritt verkleinert, bis nur noch Bab al-Hawa übrig blieb. Der Grund dafür ist, dass weite Teile auf der nordsyrischen Seite der Grenze in den Händen von Rebellen sind und Damaskus diese einhegen will. Der syrische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Bassam Sabbagh, bekräftigte am Dienstag erneut, dass humanitäre Hilfe innerhalb Syriens durch Gebiete fließen sollte, die von der Regierung kontrolliert werden. Weitere Grenzübergänge von Rebellengebieten in die Türkei sollten nicht autorisiert werden.

Das Regime in Damaskus stellte einen Antrag auf Katastrophenhilfe an die EU. Das Hilfsersuchen umfasse eine lange Liste an gängigen Katastrophenschutzgütern, sagte der für das EU-Krisenmanagement zuständige Kommissar Janez Lenarcic am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Demnach fragt Syrien etwa nach Medikamenten, Lebensmitteln und nach medizinischen Geräten. "Ich ermutige die EU-Staaten, auf die Anfrage zu reagieren", sagte Lenarcic.

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