Wasserstraße

Absage an den Donau-Oder-Elbe-Kanal

(c) Kurt Kracher
  • Drucken

Mit einem Beschluss der tschechischen Regierung ist ein Schlussstrich unter ein Projekt gezogen worden, das seit mehr als hundert Jahren herumgegeistert ist.

Ein wirtschaftliche Schlagader des Kontinents, durch Niederösterreich, die Slowakei, Böhmen und Mähren, Polen und Deutschland: Das sollte die Wasserstraße von der Donau bis zu Oder und Elbe und, in einer Abzweigung, zum Main und zum Rhein werden. In den Chroniken lässt sich nicht konkret festmachen, wann dieser Plan zum ersten Mal aufgetaucht ist.

Dem Vernehmen nach soll bereits Karl IV im 14. Jahrhundert derartigen Ideen Raum gegeben haben. Im 19. Jahrhundert hatten Wasserstraßen jedenfalls Konjunktur, jedenfalls gab es derartige Überlegungen. Ernst wurde es unter der Nazi-Diktatur, als in der Lobau erste Grabungen gestartet worden sind. Was als Start für die Wasserstraße gedacht war, sollte ein Relikt bleiben. Heute ist der begonnene Kanal ein Badebecken in Groß-Enzersdorf.

In den Nachkriegs-Jahrzehnten ist der Plan immer wieder aufgetaucht und dann wieder verschwunden. Immer, wenn das Projekt aus der Versenkung geholt worden ist, wurden die Wasserstraße quer durch Europa als Umweltschutz- und Klimaschutz-Projekt verkauft. Mit dieser Argumentation hat der über Hunderte von Kilometern zu bauende Kanal auch immer wieder an die Tür der „Trans-Europäischen Netze“ (TEN) geklopft. Dieses Programm der EU definiert hochrangige auszubauende bzw. zu bauende Verkehrsverbindungen.

Die Befürworter müssen nun einen herben Rückschlag hinnehmen: Am Mittwoch hat die tschechische Regierungen einen Beschluss gefasst, aufgrund dessen die Vorbehalte in den Raumplänen aufgegeben werden. Dies bedeutet, dass es keine reservierten Korridore mehr gibt, die den Bau des Kanals hätten ermöglichen und beschleunigen sollen. Damit können diese Fläche für andere Zwecke genutzt werden.

Die tschechische Regierung war es auch, die erst vor zwei Jahren einen konkreten Umsetzungsschritt gesetzt hatte, als Geld für den Bau eines Kanals von der polnischen Grenze nach Ostrava freigegeben worden ist. Das war 2020.

In Österreich ist dieses Projekt in keine konkrete Phase gekommen, wiewohl Überlegungen für die Trassenführung in ein Planungsstadium gelangt sind. Die Route hätte quer durchs Marchfeld geführt werden sollen und sowohl an Donau, als auch an die March angekoppelt werden. Die in diese Richtung gehenden Wortmeldungen sind deutlicher zu vernehmen gewesen, nachdem 1989 der Eiserne Vorhang hochgegangen und die Grenzen zu den östlichen und nordöstlichen Nachbarstaaten deutlicher zu vernehmen gewesen sind. Einen erneuten Schub erlebten die Befürworter mit der Osterweiterung der EU.

Die Erfolgsaussichten im Wiener und niederösterreichischen Teil des Planungsgebiets dieses Projekts waren auch schon in der Vergangenheit gering, schon rein aus pragmatischen Gründen: Es gab keine Phase, in der es Financiers für eine Umsetzung gegeben hätte – die Rede ist hier von zig Milliarden. Und außerdem haben Umweltorganisationen immer wieder massive Bedenken angemeldet: Sowohl der Nationalpark Donauauen wäre betroffen, als auch das Schutzgebiete entlang der March.

An Österreich vorbei

Daran hätte auch die bisher letzte Variante nichts geändert: Eine Streckenführung am Marchfeld vorbei. Dieser Plan sah so aus, dass die Wasserstraße in Bratislava begonnen hätte, die March ausgebaut worden wäre und dann weiter in die tschechische Republik hätte geführt werden sollen. Zumindest beim Ausbau der March hätte Österreich Mitsprache, die March ist Grenzfluss.

Erst vor zwei Jahren hatte Umwelt- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler in einem Brief an die Europäische Kommission klargestellt, dass Österreich klar gegen das Projekt sei: „Bei einer allfälligen Umsetzung außerhalb Österreichs hätte dies unweigerlich weitreichende Umweltauswirkungen auf österreichische Gewässer sowie Ökologie. Österreich wäre daher nicht nur an einem allfälligen Genehmigungsverfahren zu beteiligen, es wäre zudem kaum vorstellbar, dass angesichts der zu erwartenden gravierenden negativen Auswirkungen auf Flora, Fauna sowie Ökologie in Österreich positive Entscheidungen zu erwarten wären.“ Es sei „dringendster Handlungsbedarf gegeben, unsere Natur zu schützen. Das bzw. ein TEN-Projekt eines Donau-Oder-Elbe-Kanals würde mit diesen Zielsetzungen in klarem Widerspruch stehen.“

>> Brief des Klima-, Umwelt- und Verkehrs-Ministeriums an die EU

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.