Stillleben mit Bildern und Objekten.
Wohngeschichte

Antiquitäten: Das gepflegte Sammelsurium von "Catrinette" im Servitenviertel

Katharina Marchgraber hat ihr Glück in Wien Alsergrund gesucht. Und gefunden. Wie das Zuhause für Antiquitätensammlerin und Sohn im Detail aussieht.

»„Das Servitenviertel ist für mich Lebensqualität pur."«

Die 96 Quadratmeter große Altbauwohnung mit Fenstern in den begrünten Innenhof verfügt über eine klassische Aufteilung: Küche, Bad, Wohnzimmer, Gang, Schlafzimmer, Kinderzimmer, Bibliothek. „Dass wir hier keine direkte Sonneneinstrahlung haben, ist vor allem im Sommer großartig, weil es bei uns wirklich angenehm kühl bleibt.“ Trotzdem ist die Wohnung hell. Die Nähe zum Geschäft Catrinette, in dem Katharina Marchgraber Möbel und Einrichtungsgegenstände vorwiegend aus den 1950/60er-Jahren anbietet, war natürlich beabsichtigt.

„Ich habe vor allem deshalb im Servitenviertel gesucht, um den Weg zur Arbeit zu verkürzen.“ Früher war ihr der Bezirk oder das Stadtviertel nicht so wichtig, mittlerweile hat sie sich eines Besseren belehren lassen. „Das Servitenviertel ist für mich Lebensqualität pur. Die Menschen sind freundlich, man ist schnell im Grünen, aber genauso schnell in der Innenstadt, und die täglichen Wege sind kompakt und praktisch. Und die Verkürzung des Arbeitsweges ist eindeutig ein Gewinn.“

Blick ins Wohnzimmer.
Blick ins Wohnzimmer.Barbier

Fließende Raumübergänge

Mit ihrem damaligen Partner wurde in der Wohnung so einiges verändert: Küche, Kinderzimmer und Bad wurden erneuert und die vorhandenen neuen Türen gegen Altbautüren ausgetauscht. „Es sollte so aussehen, als wären sie immer schon dagewesen.“ Der Laminatboden wurde durch einen Holzboden ersetzt. Trotzdem bringt ein Altbau nicht nur Vorteile mit sich. „Türen und Fenster dichten sehr schlecht. Ich habe da schon wirklich viel ausprobiert, vom dicken, schweren Vorhang vor der Wohnungstür über Fensterpolster aller Art. Aber temperaturmäßig wird das nie ein Neubau werden.“

»". . . Temperaturmäßig wird das nie ein Neubau werden."«

Barbier


Auch der Grundriss mit kleiner Küche und großem Gang konnte leider nicht verändert werden. „Ich habe mittlerweile Kühlschrank und Geschirrschrank auf dem Gang stehen, der Übergang zwischen den beiden Räumen ist fließend.“ In der Küche wurde Platz für eine kleine Sitzgelegenheit gewonnen. „Ich verbringe dort viel Zeit und sitze oft nur da, trinke Kaffee und schaue auf den großen Kastanienbaum im Hof.“ Wohnzimmer und Bibliothek wurden mit farbigen Wänden versehen und so in Blau und Grün getaucht. „Es hat anfangs viel Überwindung gekostet, die weißen Wände zu verabschieden – heute möchte ich es nicht mehr missen.“ Auch im Eingangsbereich wurden die Wände in einer spontanen Aktion petrolgrün gestrichen. „Ich bin sehr glücklich damit. Es war mir wichtig, dass meine zahlreichen Bilder und Objekte gut zur Geltung kommen – mit ein bisschen Farbe gelingt das.“ Im Schlafzimmer hingegen dominieren die Farbe Weiß und ein gewisser Purismus. „Dort brauche ich keine Inspiration, ganz im Gegenteil. Irgendwo muss das Auge auch zur Ruhe kommen.“ Die Altwarenhändlerin in ihr kommt also immer wieder durch: Wie ihr Umfeld gestaltet ist, hat eine gewisse Wichtigkeit.

Gehegte Objektgruppen

Katharina Marchgraber.
Katharina Marchgraber. Barbier

Zum Ort, zur Person

„Ich sammle vieles, es ist immer eine Herausforderung, dass es nicht zu voll wird oder unordentlich wirkt. Ich versuche also, in der Wohnung da und dort kleine Objektgruppen zu bilden, die in sich stimmig sind und dann erst durch die Ansammlung ein großes Ganzes ergeben.“

Im Wohnzimmer, wo sie und ihr Sohn die meiste Zeit verbringen, sticht sofort der bodennahe Terrazzo-Tisch aus den 1950er-Jahren auf einem großen, beigen Wollteppich ins Auge. Im Essbereich schaffen ein alter Wirtshaustisch und ein paar blaue Sessel der Firma Ton gediegene Gemütlichkeit. „Was ich besonders liebe, ist die josephinische Büchervitrine, die ich von meiner Mutter geerbt habe und die ich mit meiner Sammlung von Miniatur-Schuhmodellen und ausgestopften Vögeln bestückt habe.“Das Servitenviertel im 9. Wiener Gemeindebezirk mit den solide gebauten und geschmückten Gründerzeithäusern vermittelt bis heute das Flair der gutbürgerlichen Jahrhundertwende und ist nicht nur bei Familien und Studenten „aus gutem Hause“ sehr beliebt. Wohnungen im Bestand kosten im Alsergrund durchschnittlich 8000 Euro/m2, im Neubau 8700 Euro/m2.

Katharina Marchgraber ist Kunsthistorikerin und betreibt das Altwarengeschäft Catrinette – Vintage Interieur in der Porzellangasse.

Auch die Kokeshi- (japanische Holzpuppen) und Bitossi-Keramik-Sammlung sind im Wohnzimmer aufgereiht. Die Couch wurde verbannt. „Die Übergangslösung ist eine Matratze, die wir als Couch umfunktioniert haben. Irgendwann soll sie dann durch ein perfektes Daybed ersetzt werden.“

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