Das von Premier Netanjahu vorgesehene Paket soll den Einfluss der Politik auf die Justiz stärken. Präsident Yitzhak Herzog bemüht sich um eine Einigung.
Ungeachtet fortgesetzter Proteste und Vermittlungsversuche gegen die von der rechts-religiösen Regierung geplante Justizreform hat das Parlament in Israel mit der Annahme einer "Aufhebungsklausel" die umstrittenen Regierungspläne zur Justizreform weiter vorangetrieben. Die Abgeordneten billigten den Gesetzestext am Montag gegen 03.00 Uhr (Ortszeit, 02.00 MEZ) in erster Lesung mit 61 Stimmen; 52 Parlamentarier stimmten dagegen. Das Gesetz tritt erst nach zweiter und dritter Lesung in Kraft.
Das als "Aufhebungsklausel" bezeichnete Gesetz gehört zum Kern des Gesetzesvorhabens von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seinem rechts-religiösen Kabinett. Es würde dem Parlament mit einfacher Mehrheit erlauben, Gesetze auch dann zu verabschieden, wenn sie mit den verfassungsmäßigen Grundgesetzen nicht übereinstimmen. In seiner derzeitigen Form schließt der Entwurf eine rechtliche Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof aus.
Zuvor hatte das Parlament einen weiteren Gesetzesentwurf in erster Lesung verabschiedet. Demnach werden die Möglichkeiten eingeschränkt, einen amtierenden Ministerpräsidenten für geschäftsunfähig zu erklären. Das Gesetz zielt darauf ab, Regierungschef Benjamin Netanjahu zu schützen, gegen den ein Prozess wegen Korruption läuft. Zusätzlich soll die Volksvertretung Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufheben können - und das mit einfacher Mehrheit. Zudem sollen Politiker mehr Einfluss bei der Ernennung von Richtern erhalten. Kritiker sehen dadurch die Gewaltenteilung in Gefahr.
Herzog: „Wir sind in einer schlimmen Lage“
Israels Staatspräsident Yitzhak Herzog warnte am Dienstag vor schwerwiegenden Auswirkungen des Planes. "Wir sind in einer schlimmen, sehr schlimmen Lage“. Diese könne gravierende gesellschaftliche, wirtschaftliche, diplomatische und sicherheitspolitische Folgen haben. Herzog sprach von einem "inneren Kampf, der uns zerreißt".
Er bemühe sich mit aller Macht um eine Einigung, um Israel aus der Krise zu retten. Trotz massiver Proteste in Israel will die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ihre Justizreform durch das Parlament bringen.
Warnungen vor Staatskrise
Nach mehreren Massenprotesten auf den Straßen des Landes häufen sich inzwischen die Warnungen, Israel steuere auf eine gefährliche Staatskrise hin. Netanyahu warf den israelischen Medien am Montag vor, gezielt Falschmeldungen zu dem Thema zu verbreiten.
Herzog sagte, er treffe sich mit allen beteiligen Seiten und höre allen zu. Er bemühe sich darum, eine Lösung zu finden, "die die Grundsätze des Staates Israel für viele Generationen festlegt". Es handle sich dabei "nicht um einen politischen Kompromiss, sondern um eine Sisyphusarbeit im Bemühen, die richtige Formel des Ausgleichs und der Hoffnung zu finden".
(APA/AFP)