Wassermangel

See-Tourismus ohne Wasser? Notplan für den Neusiedler See

Jana Madzigon
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Die Region Neusiedler See muss sich an die anhaltende Trockenheit und den niedrigen Wasserstand anpassen. Radfahren und Wein rücken in den Fokus - gesegelt wird trotzdem, bis es nicht mehr geht.

Langsam erwachen die Orte am Ufer des Neusiedler Sees aus ihrem Winterschlaf. Das Eisgeschäft beim Seebad in Neusiedl hat bereits aufgesperrt und freut sich über erste Besucherinnen und Besucher. Sie alle wollen den niedrigen Wasserstand des Sees mit eigenen Augen sehen.

Derzeit liegt der Wasserstand 115 Meter über der Adria und um 13 Zentimeter über dem historischen Tiefstwert des Vorjahres. Tatsächlich ragen die Stufen, die ins Wasser führen, mittlerweile wieder ein bisschen weniger aus dem See, als noch vor einigen Wochen im März - mit dem bisher tiefsten Wert des Vergleichszeitraums seit Beginn der Aufzeichnungen.

Neue Webseite soll informieren

Durch die Regenfälle der vergangenen Tage ist etwas Wasser hinzugekommen – genug ist es aber noch immer nicht, zumindest wenn es nach dem Tourismusverband Nordburgenland geht. Und der hat „einiges dazu zu sagen“, hält Geschäftsführer Patrick Hierner eindringlich festhält.

Christian Sailer, Leiter der „Task Force Neusiedlersee“ schlägt in dieselbe Kerbe. Er ist „überzeugt, dass wir in dieser Situation zeitnah und transparent agieren müssen“. Geschehen soll das mithilfe einiger Maßnahmen, die am Mittwoch präsentiert wurden. Eines zeigt sich schnell: Sailer und Hierner sind bereit, große Geschütze aufzufahren. Eine eigens gegründete Kommission soll auf einer neuen Webseite Interessierte darüber informieren, was in der Region touristisch noch möglich ist. Auf www.fakten.neusiedlersee.com sind ab Mittwoch Informationen zu Wasserqualität und -stand, Befahrbarkeit, Webcams sowie ein Frühwarnsystem für hygienische Sonderfälle abrufbar.

Abseits von der Außenwirkung wird weiterhin daran gearbeitet, den Wasserstand möglichst hochzuhalten. Neben der Ausbaggerung von Schlamm ist es weiterhin höchste Priorität für Hierner und Sailer, Wasser in den See zu pumpen. Eine Zuleitung von Donauwasser aus Ungarn gilt hier als Favorit, allerdings fehlen die notwendigen Gelder aus EU-Förderungen und die Verhandlungen kamen zum Erliegen. Alternativ wird nun eine Zufuhr aus Niederösterreich angedacht. Von wo genau ist noch Verschlusssache. Auch eine Zuleitung aus über den Einser-Kanal ist Thema. So könnte Wasser aus den Flüssen Ikva und Raab in den See gepumpt werden. Diese Lösung würde allerdings mit der ungarischen Schutzzone des Nationalparks kontrahieren.

Folgen für Ökosystem unabsehbar

„Wir wollen den Neusiedler See als Landschaftselement und für den Tourismus auf jeden Fall erhalten“, hält Sailer fest. Ein Punkt, der von Expertinnen und Experten für Ökologie und Naturschutz immer wieder kritisiert wird: Die Zuleitung von Donauwasser in den Salzsee sei ein Eingriff in das Ökosystem, der unabsehbare Folgen haben könnte. Wenn der See ständig Wasser führt, könnte das außerdem über lange Sicht auch dazu führen, dass er sich selbst zuschüttet. Zudem ist der See in der Vergangenheit mehrmals ausgetrocknet. Selbst nach sechs Jahren hat er sich wieder gefüllt. Für Sailer ist das keine Garantie, dass das diesmal der Fall wäre. Die klimatischen Bedingungen und die Überschwemmungsmöglichkeiten seien nicht mehr dieselben.

Und wenn das Wasser im See trotz aller Mühen ausbleibt? Auch dann ist laut Hierner noch nicht aller Tage Abend. Nur ein kleiner Prozentsatz des Tourismus in der Region belaufe sich auf den Segel- und Windsurf-Sport. Das sei noch nie der Hauptfokus gewesen. Radfahr- und Weintourismus in der Region können auch ohne den See bestehen bleiben, meint der Leiter des Tourismusverbands.

Im kommenden Sommer werde von einer Austrocknung jedenfalls keine Rede sein, ist Hierner überzeugt: „Es wird einen wunderschönen Neusiedler See geben“, verspricht er, „mit dem die allermeisten Touristen zufrieden sein werden.“ Das „See-Opening“ in zwei Wochen soll auch die letzten Zweifelnden überzeugen. Gesurft wird dann auch, niedriger Wasserstand hin oder her.

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