Meeresbiologie

Great Pacific Garbage Patch: Wenn Tiere im Plastik leben

Wenn Plastik zum Lebensraum wird (Symbolbild).
Wenn Plastik zum Lebensraum wird (Symbolbild).(c) imago images/Ardea
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Im Pazifik sorgt Plastikmüll für ökologisches Ungleichgewicht. Jetzt haben sich dort auch Meerestiere angesiedelt, die eigentlich in Küstennähe leben. Die konkreten ökologischen Folgen sind noch nicht absehbar.

Die Ozeane haben ein Plastikproblem. Und damit ist nicht nur das zu Kleinstteilen zersetzte Mikroplastik gemeint, sondern tatsächlicher Plastikmüll: Im „Great Pacific Garbage Patch“ einem Wirbel im Nordpazifik wird dieses Problem besonders ersichtlich. Das ist jene Ecke der Weltmeere, in der die Schiffe des Projekts „Ocean Cleanup“ - auch mit österreichischer Beteiligung -  regelmäßig versuchen, aufzuräumen. 

Rund 79 Tonnen Plastik treiben dort auf etwa 1,6 Millionen Quadratkilometern herum. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Fischernetze, aber auch anderen Plastikmüll aus der ganzen Welt.

Das Projekt "Ocean Cleanup" versucht Plastikmüll im Pazifik wieder einzufangen.
Das Projekt "Ocean Cleanup" versucht Plastikmüll im Pazifik wieder einzufangen.(c) imago images/ZUMA Press

Müll als Lebensraum

Auf genau diesem Plastikmüll haben sich wirbellose Krustentiere angesiedelt. Das zeigt eine kürzlich im Fachjournal „Nature Ecology & Evolution“ veröffentlichte Studie. Ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern rund um Meeresbiologin Linsey Haram fischte im Zeitraum eines Jahres über 100 Plastikteile aus dem Meer, auf knapp 95 Prozent davon entdeckten sie Spuren von Lebewesen. Auf immerhin 70 Prozent des untersuchten Mülls waren das Spuren von Lebewesen, die eigentlich nur in Künstennähe und nicht im offenen Meer vorkommen, etwa Quallen, Schwämme, Würmer oder Moostierchen. Insgesamt konnten 484 Tiere identifiziert werden, davon gehörten etwa 80 Prozent einer Art an, die eigentlich in der Nähe von Küsten lebt.

Unnatürliche Nachbarschaft

Interessant dabei ist das ansonsten in der Natur nicht vorkommende Zusammenleben dieser küstennah lebenden Arten mit jenen, die auf offener See vorkommen. „Wir sehen jetzt Küstenarten und pelagische Arten in bisher nicht vorgekommenen Gemeinschaften, und das ist wahrscheinlich auf das Plastik zurückzuführen“, erklärte Haram gegenüber „Scientific American“ den Fund. Welche Auswirkungen das auf die traditionellen pelagischen Meeresbewohner haben könnte, ist noch nicht klar. Die neuen „Nachbarn“ könnten aber Nahrung und Lebensraum streitig machen.

Auch Spuren von Fortpflanzung dieser küstennahen Arten konnte das Forschungsteam entdecken, ein weiter Grund zur Sorge. Denn Vermehrung führe zur Ausbreitung, Ausbreitung könne zur Invasion in fremde Lebensräume führen, etwa dadurch, dass Plastikteile weit in den Weltmeeren herumreisen, oder sogar an fremden Küsten angespült werden. Ob das tatsächlich der Fall ist, darüber gibt die Studie keine Auskunft, denn alle untersuchten Plastikteile stammen aus demselben Gebiet im Meer.

Weitere Gefahr von Plastik

Inwiefern die neuen Arten die Nahrungsketten in diesen „neopelagischen Gemeinschaften“, wie sie in der Studie heißen, durcheinanderbringen oder sich vielleicht sogar in diese eingliedern, müsse nun weiter untersucht werden, so Haram. Die Studie zeige jedenfalls, dass Plastik im Meer deutlich umfangreicheren Schaden anrichten könnte, als bisher angenommen. „Darüber wie Plastik von Meeresbewohnern verdaut wird, oder sie sich darin verfangen, ist schon viel bekannt. Was wir herausgefunden haben, zeigt einen weiteren Effekt von Plastik, der bisher nicht berücksichtigt wurde.“ 

(chrima)

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