Die Nato-Expertin Stefanie Babst über den Putinismus („eine Bedrohung für uns alle“), Fehler des Westens und Chinesen, die Europa nicht mehr ernst nehmen.
Sie waren lang Nato-Chefstrategin. Welches Szenario halten Sie mit Blick auf den Ukraine-Krieg für das wahrscheinlichste?
Stefanie Babst: Wenn ich mir die geopolitische Großwetterlage und die Situation auf dem Schlachtfeld ansehe, dann gehe ich davon aus, dass wir zumindest weiter harte militärische Auseinandersetzungen sehen werden. Meine Annahme ist aber, dass irgendwann im Herbst die US-Präsidentschaft noch stärker in den Wahlkampf eintauchen und der Druck auf Präsident Joe Biden größer werden wird, Wolodymyr Selenskij zu irgendeiner Form von Waffenstillstandsverhandlungen zu drängen. Auch in einigen europäischen Staaten wird die Stimmung nach mehr als eineinhalb Jahren Krieg im Keller sein. Und dann hängt viel von der weiteren militärischen Dynamik ab.