Erbschaftssteuer

Kogler fordert "Millionärssteuer für Millionenerben"

Der Vorwahlkampf scheint eröffnet: Werner Kogler setzt auf den grünen Klassiker Erbschaftssteuer.
Der Vorwahlkampf scheint eröffnet: Werner Kogler setzt auf den grünen Klassiker Erbschaftssteuer.(c) IMAGO/SEPA.Media
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Der Parteichef der Grünen will mit diesen Einnahmen höhere Einkommen für Pflegerinnen und Kindergarten-Pädagogen finanzieren.

Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler startet einen neuen Anlauf für eine Erbschaftssteuer. In einem Video, das am Samstag per Social Media veröffentlicht worden ist, fordert Kogler eine "Millionärssteuer" für "Millionenerben". Wenn jemand eine "fette Villa" oder "astronomische Aktienpakete" erbe, zahle er nämlich derzeit "nix - null, niente, nada" für die Gemeinschaft, ortet der Grünen-Chef eine "himmelschreiende Ungerechtigkeit".

Der Vorwahlkampf scheint jedenfalls eröffnet: Nachdem sich zuletzt ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer etwa mit dem Thema "Autoland" Österreich zu positionieren versucht hat, wärmte Kogler nun kurz vorm 1. Mai den Grünen Klassiker Vermögenssteuern wieder auf. Eine Kursänderung der Türkisen zeichnet sich freilich nicht ab. In der ÖVP-Bundespartei wollte man die "Vorschläge des Grünen Parteichefs"  nicht kommentieren.

"Wer sein Leben lang hackelt, zahlt für dieses Arbeitsleben hunderttausende Euro Steuern und Abgaben", etwa für Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser, leitet Kogler sein Plädoyer ein. "Wenn jemand viele Millionen erbt, eine fette Villa, astronomische Aktienpakete oder Riesenvermögen sonstiger Art, der zahlt genau nix - null, niente, nada" für die Gemeinschaft, kritisiert der Grünen-Chef.

Zusätzliche Einnahmen für Pflege und Kindergärten

Bei immer weniger Menschen komme ein immer größeres Vermögen an, konstatierte Kogler, "und die Anderen kriegen nichts - das ist doch eine himmelschreiende Ungerechtigkeit", findet er. "Das ist nicht christlich, das ist nicht sozial", richtete Kogler seinem Koalitionspartner ÖVP aus, die gegen solche Steuern ist, "das ist nicht fair und eben nicht gerecht". Denn dieses "leistungslose" Einkommen "widerspricht doch jedem Leistungsprinzip", meint der Vizekanzler. Zu einer "verantwortungsvollen Zukunft" gehöre nicht nur mutiger Klimaschutz, sondern auch die Beseitigung derartiger Ungerechtigkeiten. "Deshalb bin ich für eine Millionärssteuer", wirbt Kogler. "Die Millionenerben sollen ihren fairen und gerechten Beitrag leisten."

Zugute kommen sollten die zusätzlichen Einnahmen jenen, "die viel leisten, aber wenig verdienen", erklärte Kogler, beispielsweise dem Pflegepersonal und Kindergartenpädagoginnen. Nach dem Ende der Corona-Pandemie und der Sicherung der Energieversorgung sei "jetzt der Zeitpunkt gekommen, weiter in die Zukunft zu schauen und eine durchaus ältere Gerechtigkeitsfrage neu zu diskutieren", hieß es seitens der Grünen. Gerade in einer immer angespannteren Personalsituation in vielen Bereichen, in denen viel für den gesellschaftlichen Zusammenhang geleistet werde, aber die Einkommen gering seien, wolle man damit eine Umverteilungsdebatte anstoßen. Details ließ man offen: Kogler will nun mit "den Betroffenen", Experten, Wissenschaftern und Politikern darüber reden, wie man eine solche "Millionärssteuer für Millionenerben" am sinnvollsten gestalten könne.

Wirtschaftsbund der ÖVP: „Bestärkt Neiddebatte“

Beim Koalitionspartner stößt Kogler damit erwartungsgemäß nicht auf offene Ohren. Nachdem man in der ÖVP-Bundespartei die "Vorschläge des Grünen Parteichefs" auf Anfrage am Samstag nicht kommentieren wollte, reagierte dann der Wirtschaftsbund, eine Teilorganisation der ÖVP, deutlich: "Mit Verwunderung mussten wir Samstagfrüh Vizekanzler Kogler zusehen, wie er sich für neue Steuern stark macht und so die Neiddebatte kommunistischer Linkspopulisten bestärkt", meinte Wirtschaftsbund-Generalsekretär und Nationalratsabgeordneter Kurt Egger in einer Aussendung. Bei Schenkung und Erbe von Grundstücken werde Grunderwerbsteuer gezahlt, betonte er. "Klassenkampf und Spaltung können nicht die Antwort auf schlechte Wahlergebnisse sein", richtete Egger dem Grünen-Chef aus.

Koglers Ruf nach einer Vermögenssteuer sei gerade in Zeiten hoher Inflation und weiterhin hoher Energiekosten "unüberlegt und eine klare Themenverfehlung", befand auch die Industriellenvereinigung (IV). "In einem Höchststeuerland wie Österreich nach dem Tod die Hinterbliebenen auch noch mit einer zusätzlichen Steuer auf bereits mehrfach versteuertes Vermögen zu belasten, ist mehr als unverständlich."

Als "verstaubte Uralt-Idee aus der altmarxistischen Mottenkiste" kritisierte auch FPÖ-Klubobmann-Stellvertreterin und Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch in einer Aussendung die Forderung nach einer Erbschaftssteuer. "Neue Steuern sind das Letzte, was Österreich jetzt braucht." Angesichts der Rekordteuerung in allen Lebensbereichen wären stattdessen "massive Steuersenkungen bis hin zu ihrem völligen Aussetzen" bei den Verbrauchssteuern auf Grundnahrungsmittel, Energie und Treibstoffe das Gebot der Stunde. Belakowitsch fürchtet, dass letztlich eine Erbschaftssteuer auch den durchschnittlichen Einfamilienhaus- oder Eigentumswohnungsbesitzer treffen würde.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bewertete Koglers Vorstoß als "völlig unglaubwürdig". Seit mehr als drei Jahren würden die Grünen in der Regierung die ÖVP-Klientelpolitik "widerstandslos" mittragen und hätten Anträge der SPÖ für eine Millionärsabgabe immer wieder abgelehnt. "Kogler hält die Bevölkerung am Schmäh", befand Deutsch in einer Aussendung. Der Vizekanzler solle zunächst dafür sorgen, dass die KöSt-Senkung zurückgenommen wird, sonst zeige sich "die Scheinheiligkeit" der Aussagen.

Zuspruch aus den Gewerkschaften

Die Gewerkschaft GPA begrüßte Koglers Forderung: "In vielen Bereichen fehlt Geld, die Herausforderungen der Zukunft sind enorm. Nur, wenn Millionäre und Milliardäre endlich ihren gerechten Beitrag leisten, können wir die Schieflage im Steuersystem bekämpfen", meinte GPA-Vorsitzende Barbara Teiber in einer Aussendung. "Leere Ankündigungen, wie wir sie aus der grünen Regierungshälfte schon oft vernommen haben, sind aber zu wenig", merkte auch sie an. "Das Thema ist zu wichtig für parteipolitische Hickhack-Aktionen." Teiber hofft nach wie vor auf die Volkspartei: "Die ÖVP muss ihre Blockadehaltung als Schutzherrin der Reichen endlich beenden."

Auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sprach sich am Wochenende in den "Salzburger Nachrichten" nach Aussagen von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), nun wieder genauer auf den Budgetpfad zu achten, einmal mehr für Vermögenssteuern aus. Es gebe viele, die nichts oder fast nichts beitragen. "Ob das jetzt Vermögenssteuer, Millionärssteuer oder sonst wie heißt, ist mir egal. Der Punkt ist: Es müssen die großen Vermögen einen Beitrag leisten", forderte der Präsident des Gewerkschaftsbunds, dasselbe gelte für große Erbschaften. "Breite Schultern können mehr tragen als ein Zniachterl mit schmalen Schultern."

Unterstützung kam auch von Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl: "Sehr erfreulich, dass die Diskussion über ein gerechtes Steuersystem endlich auch in der Bundesregierung in Gang kommt", twitterte sie. "Wir legen noch eins drauf: Es braucht Steuern auf Erbschaften und Vermögen."

(APA)

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