Quergeschrieben

Radical Chic gegen die Parteien der Mitte

Erstaunlich, dass das K-Wort wieder salonfähig ist, anstatt unters Verbotsgesetz zu fallen. Die kommunistische Ideologie hat Millionen Menschen das Leben gekostet.

Die chávistische Revolution sollte Venezuela bekanntlich den „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ bescheren. Bei den Präsidentschaftswahlen 1998 hatte der charismatische Volksheld Hugo Chávez 56 Prozent der Stimmen eingeheimst, erstaunlich viele stammten dabei aus dem Reich der gemäßigten Mitte. Die beiden etablierten Parteien hingegen waren auf neun Prozent hinuntergerasselt. Doch statt Wohlstand und Glückseligkeit für alle gelang es Diktator Chávez in seiner 15-jährigen Regentschaft, das ölreichste Land der Welt, das 1950 noch Rang vier im weltweiten Pro-Kopf-Einkommen belegte, in bittere Armut zu reformieren. Sein Nachfolger, Nicolás Maduro, dem die UNO-Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwirft, vollendet seit 2013– mit lebhafter Unterstützung von Russland, China und Kuba sowie der iranischen Mullahs – die rückstandfreie Vernichtung von Volksvermögen und Demokratie. Grundnahrungsmittel und Medikamente sind Mangelware, alle sieben Tage gibt es pro Person subventionierte (und rationierte) Lebensmittel. Lag die Armutsrate in Chávezs letztem Amtsjahr bei „nur“ 32,6 Prozent, katapultierte sie Maduro auf sagenhafte 94,5 Prozent. Rund drei Viertel der Bevölkerung verdient heute umgerechnet einen (in Zahlen: 1!) Euro pro Tag, ein Kilogramm Bohnen kostet den halben Monatslohn. Mehr als sieben Millionen Venezolaner sind diesem realsozialistischen (Alb-)Traum bisher durch Flucht ins Exil entkommen, Tendenz rasant steigend. Beim Urnengang nächstes Jahr wird sich zeigen, ob und wie sehr die harten US-Sanktionen das Wahlprozedere und -verhalten beeinflussen können.

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Mit ihrem Radical Chic verschrecken auch hierorts Kommunisten die österreichischen Parteien der Mitte, nach Graz im Herbst 2021 nun auch in Land und Stadt Salzburg. In der Festspielstadt erreichte die KPÖ plus mit mehr als 21 Prozent sogar Platz zwei, die schwer angeschlagene ÖVP konnte den ersten Platz mit nicht einmal drei Prozent Vorsprung sichern; Rechts-außen wiederum verwies die in Flügelkämpfe und Gender-Leitfäden verhedderte SPÖ auf Platz vier. Den meisten Menschen gehen laut Umfragen Orchideenthemen wie freie Pronomenwahl oder kulturelles Aneignungsgschistigschasti am Allerwertesten vorbei, weil sie vollauf mit Existenzfragen wie steigenden Lebensmittelpreisen und Energiekosten beschäftigt sind. Die Stimmgewinne für eine Partei, die im Wahlkampf auf leistbare Wohnungen fokussiert hat, sind so gesehen nachvollziehbar. Doch erstaunlich ist schon, dass das K-Wort wieder bürgersalonfähig ist, anstatt unter das Verbotsgesetz zu fallen wie in Deutschland seit 1956, in der Schweiz, den meisten ehemaligen „Ostblock“-Staaten und in der Ukraine. Es gibt kein einziges Land, dem die kommunistische Ideologie Frieden, Freiheit oder Wohlstand beschert hätte. Im Gegenteil: Seit Lenins bolschewistischer Oktoberrevolution 1917 hat sie in der Sowjetunion, China, Kambodscha, Vietnam, Laos, Kuba, Nordkorea, Rumänien etc. mehr als hundert Millionen Menschen das Leben gekostet. Mit all dem Gräuel habe er nichts am Hut, sagte Kay-Michael Dankl in einem „ZiB 2“-Interview, man könne aus jeder Idee etwas Schlechtes machen; und man werfe ja der katholischen Kirche auch nicht mehr die Inquisition oder Kreuzzüge vor. Falsch! Inquisition und Kreuzzüge sind Mittelalter, kommunistische Völkermorde aber Zeitgeschichte, ja, Gegenwart. Geschichtsanalphabeten, die auf dem kommunistischen Auge blind sind, sei Arthur Koestlers „Sonnenfinsternis“ oder Alexander Solschenizyns „Der Archipel Gulag“ als Aufklärungslektüre empfohlen. Geschichtsvergessenheit ist nicht tolerabler, nur weil sie von links außen statt von rechts außen kommt.

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