Blutbad

Präsident kündigt nach erneuter Amoktat in Serbien Entwaffnungskampagne an

Spurensicherung am Tatort.
Spurensicherung am Tatort.APA/AFP/ANDREJ ISAKOVIC
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Innerhalb von zwei Tagen erschüttern zwei mit Schusswaffenangriffe Serbien. Aleksandar Vucic fordert strengere Waffenkontrollen.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat am Freitag den Schusswaffenangriff bei Mladenovac, 50 Kilometer südöstlich von Belgrad, bei dem in der Nacht auf Freitag nach Polizeiangaben acht Menschen getötet und 14 verletzt wurden, als "Terrorakt" bezeichnet. "Dies ist ein Angriff auf das ganze Land", sagte er bei einer Pressekonferenz. Er kündigte eine großangelegte Entwaffnungskampagne für Serbien an, mit viel strengeren Kontrollen von Waffen in Privatbesitz.

Laut dem TV-Sender N1 hatte der 21-Jährige den Angriff im Dorf Malo Orasje begonnen. Der inzwischen festgenommene Verdächtigte, Sohn eines Militäroberst, soll Donnerstag gegen 23.00 Uhr zuerst eine Gruppe von Menschen an einem Lagerfeuer beschossen haben. Dabei sollte es vier bis fünf Tote gegeben haben. Anschließend wurden im nahen Dorf Dubona weitere drei Menschen getötet, darunter ein Polizist außer Dienst und dessen jüngere Schwester. Letzter Schauplatz der Tat war demnach das Dorf Sepsin.

Soweit bisher bekannt, zwang der Verdächtigte danach einen Taxifahrer mit Waffengewalt, ihn in eine kleine Ortschaft bei Kragujevac, etwa 140 Kilometer südlich von Belgrad, zu fahren, um Unterschlupf im Haus von Verwandten zu finden. Dabei soll es sich um einen Onkel bzw. einen Großvater handeln. Laut der kroatischen Nachrichtenagentur Hina wurde der Großvater mittlerweile festgenommen, in dem Haus stellte die Polizei Handgranaten, ein automatisches Gewehr und Munition sicher. Auch der Onkel befinde sich in Gewahrsam, berichteten Medien weiters.

Vucic äußert Bedauern, dass Todesstrafe abgeschafft wurde

Der festgenommene 21-jährige Verdächtige habe seine Tat gegenüber der Polizei mit "Geringschätzung" seitens seiner Umgebung erläutert, sagte Vucic. Der Präsident, bei seinem Auftritt vor der Presse sichtlich emotional, betonte, er gehe von einer langen Gefängnisstrafe aus und erwähnte in dem Zusammenhang auch den 13-jährigen Verdächtigen, der erst am Mittwoch in einer Belgrader Volksschule nach einem Amoklauf mit neun Toten festgenommen worden war. Die höchste Haftstrafe in Serbien sind 40 Jahre. Der 13-Jährige ist noch nicht strafmündig.

Vucic äußerte sogar Bedauern, dass in Serbien vor Jahren die Todesstrafe abgeschafft wurde. Von der Regierung sei er heute informiert worden, dass eine Wiedereinführung nicht möglich wäre, sagte er.

Große Kampagne gegen Waffengewalt

Der Präsident kündigte weitreichende Maßnahmen an: So sollen 1200 zusätzliche Polizisten eingestellt werden, die künftig landesweit für mehr Sicherheit in allen Schulgebäuden sorgen sollen. Dies werde auch zu einer drastischen Senkung - "um 80 Prozent" - der Gewalt unter Kindern beitragen, zeigte er sich überzeugt.

Das Innenministerium wurde nach seinen Worten angewiesen, sofort Änderungen beim Waffengesetz vorzunehmen, die in den nächsten 17 Monaten erfolgen sollten. Ziel sind eine strengere Kontrolle sowie viel weniger Waffen in Privatbesitz. Derzeit befänden sich rund 400.000 Stück Schusswaffen legal in privaten Händen, Jagdgewehre nicht miteinberechnet. Als Ziel gab Vucic an, diese Zahl auf 30.000 Stück abzubauen. Die Strafen für unerlaubte Nutzung und illegales Tragen von Waffen sollen erhöht werden. "Wir werden eine fast vollständige Entwaffnung von Serbien vornehmen", sagte er bei der Pressekonferenz.

Die Polizei wird nach den Worten des Präsidenten gegen Personen ermitteln, die die beiden jüngsten Bluttaten im Internet "unterstützt" hätten. Es handle sich dabei um rund 45.000 Menschen.

Zwei Schusswaffenangriffe forderten in dem Balkanstaat seit Mittwoch insgesamt 17 Tote. Am Mittwoch hatte ein 13-jähriger Schüler in seiner Schule in Belgrad acht Kinder und einen Wachmann erschossen, am Donnerstag erschoss ein Angreifer acht Menschen aus einem fahrenden Auto.

(APA)

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