Allein die Verbindung eines Genozids mit sechs Millionen Toten und die Errichtung eines Staats durch ebendieses Volk war eine historische Einmaligkeit. Trauma und Traum begegneten einander am 14. Mai 1948 bei der Gründung des Staats Israel.
Ihr Juden seid doch ein kultiviertes und kosmopolitisches Volk mit einer außerordentlichen Geschichte, warum wollt ihr diese Einzigartigkeit aufgeben? Nur, um ein zweites Albanien zu werden?“, wurde Chaim Weizmann, der spätere Präsident Israels, um 1930 gefragt. Albanien war 1912 ein unabhängiger Kleinstaat geworden. Das winzige Stück Land, das die Juden wollten, war Palästina.
Was levantinische Trägheit und Rückständigkeit betrifft, war die entlegene, staubige Region des alten osmanischen Reichs abschreckend. Hier sollte die neue Heimat des jüdischen Volks sein? Außenstehende, aber auch die Juden in Mittel- und Westeuropa, konnten sich wenig für die Idee der Zionisten, allen voran Theodor Herzls, begeistern. Doch es war die historische Heimat des Judentums, hier waren die Königreiche von Saul, David, Salomon. Die Theologie, die hebräische Bibel, der Talmud, die Gebete waren auf dieses „Heilige Land“ fokussiert. Erez Israel, das Land Israel, blieb in der jüdischen Tradition über Jahrhunderte ein populärer Begriff.