Ärzte: Kampf gegen „Massenexport“

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aerzte Kampf gegen bdquoMassenexportldquo(c) FABRY Clemens
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Ärztekammer will durch neue Initiativen Abwanderung nach Deutschland bremsen. Schon jetzt fehlen Psychiater, andere Fachärzte und vor allem auch Landärzte im Inland.

Es ist fünf vor zwölf, glauben Ärztekammer, Gesundheits- und Wissenschaftsministerium: Schon bald könnten hunderte Ärzte im Land fehlen – vor allem, weil das Ausland Jungmediziner mit attraktiven Ausbildungsstellen und höheren Gehältern abwirbt. Noch im Frühling wollen die drei Stellen eine „Ärztebedarfsstudie“ mit genauen Zahlen vorlegen.

Die Kammer weiß aber schon jetzt: Der Mangel in Fächern wie der Psychiatrie wird zunehmen, und auch andere Disziplinen werden betroffen sein. Denn 25 Prozent der Fachärzte sind heute älter als 55; eine Pensionswelle steht bevor. Zu einer Krise könnte es auch auf dem Land kommen, immer weniger wollen Landarzt werden.

Damit der Medizinernachwuchs eher in Österreich bleibt, setzt die Kammer jetzt auf eine neue Form der Kooperation mit ausländischen Stellen. So will sie bestehende „Freundschaftsvereinbarungen“ mit ausländischen Partnern, darunter der Freistaat Sachsen, intensivieren. Solche Vereinbarungen sollten österreichischen, aber auch ausländischen Ärzten Informationen über Jobs, Aus- und Weiterbildung bringen. Dies dürfe aber nicht „einseitig“ wirken, sagte Kammerpräsident Walter Dorner am Freitag beim Symposium „Ärztemigration“ in Wien. „Die Ärztekammer ist klar gegen einen Massenexport österreichischer Ärzte.“ Auch Jobbörsen im Internet müssten wechselseitig funktionieren.

Allerdings habe Österreich den „Wettbewerbsnachteil“, dass Jungmediziner oft erst nach dem Turnus eine Facharztausbildungsstelle bekommen; in Deutschland steht ihnen der direkte Weg frei. Allein in Sachsen sind zurzeit 85 österreichische Ärzte aktiv, deutschlandweit sind tausende Stellen unbesetzt.

Man wolle eine „gemeinsame Versorgungsstrategie“ mit der ÖÄK, sagte Jan Schulze von der Sächsischen Landesärztekammer; Ziel wäre eine europaweite Lösung, nicht wechselseitiges Abwerben. Ähnliche Zusagen gab es aus Nordrhein-Westfalen. Das dänische Syddanmark wirbt offen um österreichische Jungmediziner – 53 sind seit 2008 schon gekommen. ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl will mit einem kürzeren Turnus gegensteuern, SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger lehnt ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2011)

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