"Die Bettler selbst haben davon gar nichts"

Obdachlose / Bettler
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Bettelnde Roma aus Osteuropa sind vielen Österreichern ein Dorn im Auge. Ein Experte nimmt sie in Schutz: sie würden von Kredithaien unter Druck gesetzt.

Sie kommen aus der Slowakei, aus Rumänien, vom Balkan. Sie haben nichts, außer Schulden. Sie sitzen an U-Bahn-Stationen und tun das, was ihnen befohlen wurde: betteln. Roma aus Osteuropa gehören seit Jahren zum "öffentlichen Inventar" westeuropäischer Städte. Woher sie kommen und wohin sie gehen, interessiert offenbar niemanden. Um sie aus dem Blickfeld zu entfernen, werden nun Bettelverbote überlegt - oder beschlossen. Ein Vorhaben, dass für Kenner der Szene zum Scheitern verurteilt ist.

"Es geht eigentlich immer um Wucher", erzählt ein Wiener Sozialarbeiter, der sich seit vielen Jahren mit dem Schicksal der Roma in Osteuropa auseinandersetzt. Alles beginnt mit der entsetzlichen Not und dem Elend, in dem Millionen "Zigeuner" leben. Permanente Geldnot zwingt viele, sich bei Geldverleihern Bares zu borgen. Doch die Bedingungen für Kredite sind - vornehm ausgedrückt - unverschämt. "80 bis 120 Prozent im Normalfall", weiß der Experte.

"Es sind organisierte Bettelfahrten"

Bald schon fallen horrende Rückzahlungssummen an; ein Teufelskreis, dem kaum ein Beteiligter entrinnt. Für die Wucherer, ebenfalls Roma, die mit ihren dicken Karossen durch die Barackensiedlungen fahren und abkassieren, beginnt nun die Zeit des Geldeintreibens. "Es sind organisierte Bettelfahrten, von denen die Bettler allerdings gar nichts haben", so der Sozialarbeiter im APA-Gespräch.

Singende Frauen an U-Bahn-Abgängen, Männer, die ihre Verkrüppelungen an Händen und Beinen vorzeigen, Kinder, denen man Welpen oder junge Katzen auf den Schoß setzt, um Mitleid zu erregen - all das gehört zum Standardrepertoire der "Hintermänner". Natürlich gebe es auch Familien, denen es nicht so schlecht gehe, die einfach mal versuchen, mit musizieren in der U-Bahn Geld zu verdienen. "Aber das ist nur ein verschwindend geringer Prozentsatz."

Bettelverbote würden jedenfalls weder Wucherer noch "Kreditopfer" daran hindern, weiterzumachen. "Um solche Dinge haben sich die noch nie gekümmert. Viele haben gar nichts, weder Geld, noch Heimat. Wenn man die festnimmt oder abschiebt, bestraft man sie nicht. Denn schlimmer kann es für sie ohnehin nicht mehr kommen."

(APA)


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