Bettelverbot: Völkerrechtler gibt Ehrenzeichen zurück

Bettelverbot Grazer Voelkerrechtler legt
Bettelverbot Grazer Voelkerrechtler legt(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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"Ernsthafte Beschädigung des Ansehens": Der Vorsitzende des Grazer Menschenrechtsbeirats ist erzürnt über das Bettelverbot. Auch die Kritik aus Kirche und Kunst verstummt nicht.

Der Völkerrechtler und Vorsitzende des Grazer Menschenrechtsbeirates, Wolfgang Benedek, gibt das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark zurück. Er reagiert damit auf den Beschluss des generellen Bettelverbotes in der Steiermark am Dienstag im Landtag. Der Beschluss sei "gegenüber den Betroffenen höchst inhuman und in seiner Begründung kriminalisierend", so der Rechtsprofessor an der Universität Graz.

Der Beschluss des Landtages verletze nach seiner Ansicht in der Verfassung garantierte Grund- und Menschenrechte. Appelle des Grazer Menschenrechtsbeirates und vieler anderer Institutionen der Gesellschaft und der Kirchen zumindest die bevorstehenden Erkenntnisse des VfGH zu den Bettelverboten in Salzburg und Wien abzuwarten verhallten ungehört", empörte sich Benedek Dienstagabend in einem offenen Brief an den steirischen Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und dessen Stellvertreter Hermann Schützenhöfer (ÖVP).

"Ernsthafte Beschädigung des Ansehens"

"Bis der steirische Landtag oder der österreichische Verfassungsgerichtshof das generelle Bettelverbot aufhebt", wolle er das Ehrenzeichen, das er "nicht zuletzt für meine Arbeit für die Menschenrechte in der Steiermark" erhalten habe, zurückgeben. Zugleich stellt der Völkerrechtler auch seine Mitwirkung in der Auswahlkommission des Menschenrechtspreises der Steiermark ein.

Er sehe in dem Beschluss vom Dienstag "eine ernsthafte Beschädigung des Ansehens der Steiermark, vor allem aber der Menschenrechtsstadt Graz". Aus seiner Sicht habe der Landtag "das moralische Recht, Menschenrechtspreise zu vergeben, verloren".

Auch Kirche enttäuscht

Enttäuschung über den Beschluss am Dienstag herrscht auch in der katholischen Kirche in der Steiermark: Der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari appellierte erneut, "Armut nicht zu verstecken, sondern überwinden zu helfen". Ebenso erneuerte er seine schon im Vorfeld des Beschlusses getätigte Aussage, die bisherigen gesetzlichen Regelungen zum Betteln seien ausreichend gewesen.

"Die Steiermark ist durch das Bettelverbot ärmer geworden", zeigte sich der Grazer "Vinzi"-Pfarrer Wolfgang Pucher in seinem offenen Brief an den steirischen Landtag am Mittwoch enttäuscht. "Nächstenliebe und Toleranz, die unser Menschsein und damit unser inneres Wohlbefinden ausmachen, haben schweren Schaden genommen", so Pucher.

Intervention von Hader und Theatergruppe

Mit einer künstlerischen Intervention in der Herrengasse gleich gegenüber dem Landtag reagierte das Grazer Theater im Bahnhof noch am Dienstag gemeinsam mit Kabarettist Josef Hader: Mit den Worten "Damit ist der Bettler nicht mehr sichtbar", wurde eine menschengroßer Karton mit Münz-Schlitz angepriesen, in dem sich die Bettler künftig beim Betteln verstecken können.

(APA)

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