EU-Parlament lehnt Verfahren gegen Ungarn ab

EUParlament lehnt Verfahren gegen
EUParlament lehnt Verfahren gegen(c) AP (Cedric Joubert)
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Im Europäischen Parlament wird es keine Mehrheit für ein EU-Grundrechtsverfahren gegen Ungarn wegen des umstrittenen Mediengesetzes geben. Sozialdemokraten und Liberale wollen abwarten.

Im Europaparlament zeichnet sich keine Mehrheit für ein EU-Grundrechtsverfahren gegen Ungarn wegen des umstrittenen Mediengesetzes ab. Sowohl Sozialdemokraten (SPE) als auch Liberale verzichteten in ihren Resolutionsentwürfen am Mittwoch auf eine entsprechende Forderung der Grünen. Aus der Europäischen Volkspartei kam ein klares Nein zu einer Verurteilung Ungarns durch das Europaparlament bei der Plenarsitzung in Straßburg kommende Woche.

SPE erhöht Druck auf Kommission

Der sozialdemokratische Vizefraktionschef Hannes Swoboda sagte am Mittwoch, man müsse sehen, dass offenbar eine Antwort der ungarischen Regierung auf die Kritik der EU-Kommission an dem Mediengesetz unterwegs ist. Insofern müsse man sich anschauen, ob eine Resolution des Europaparlaments derzeit Sinn mache. Die Sozialdemokraten würden die Kritik der EU-Kommission als "zu schwach" kritisieren. Die Sozialdemokraten verlangten von Ungarn Änderungen an dem Gesetz, diese müssten nun geprüft werden. Die EU-Kommission wird in dem Entwurf aufgefordert, die Prüfung des ungarischen Mediengesetzes rasch fortzusetzen, vor allem in Hinblick auf die Grundrechtecharta, und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Budapest einzuleiten, wenn Ungarn sich nicht an strikte Fristen zur Änderung des Gesetzes halte.

Außerdem sei in dieser Frage eine Mehrheit mit anderen Fraktionen nötig, betonte Swoboda. "Wir wollen nicht mit unserer Resolution untergehen." Sollte sich keine Mehrheit im EU-Parlament finden, bestünde das Risiko, dass der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban von der rechtskonservativen Fidesz-Partei "als großer Sieger" hervorgehe.

Ungarn soll Kritik von OSZE und Europarat berücksichtigen
Die Sozialdemokraten und Liberalen fordern Ungarn in ihren Resolutionsentwürfen auf, bei einer Änderung des Gesetzes auch die Kritik von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarates und die Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes zu berücksichtigen. Die OSZE hatte etwa die Zusammensetzung der Medienbehörde, deren Mitglieder alle der regierenden Fidesz-Partei nahe stehen, kritisiert. Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Thomas Hammarberg, hatte vor einer Bedrohung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und einer Erosion des journalistischen Quellenschutzes gewarnt. Wie auch die Grünen, rufen die Sozialdemokraten und die Liberalen, die EU-Kommission auf, europäische Mindeststandards für die Unabhängigkeit der Medien festzuschreiben.

Die EU-Kommission hat Änderungen an dem strittigen Gesetz nach der EU-Richtlinie für audiovisuelle Medien verlangt. So kritisiert die EU-Behörde etwa, dass sich die Verpflichtung zu ausgewogener Berichterstattung auch auf Videoblogs und On-Demand-Medien beziehe, und dass die in dem Gesetz vorgeschriebene Registrierungspflicht für Medien zu weit ausgelegt sei. Die EU-Kommission hat allerdings mehrfach betont, dass sie zur Überprüfung der Unabhängigkeit der ungarischen Medienbehörde keine Rechtsgrundlage hat, weil die EU-Richtlinie zwar Unabhängigkeit vorschreibe, aber dafür keine Kriterien nenne.

"Politische Show"

Der deutsche CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber warnte am Mittwoch in Brüssel davor, dass sich das Europaparlament in die gegenwärtigen Gespräche zwischen der EU-Kommission und der ungarischen Regierung in Form einer Resolution einschalte. Die ungarische Regierung habe klar ihre Bereitschaft zur Änderung des Mediengesetzes zum Ausdruck gebracht. Der von der für digitale Medien zuständigen EU-Kommissarin Neelie Kroes an Ungarn gerichtete Brief mit konkreten Kritikpunkten an dem Gesetz zeige, dass es sich auch "um eine große politische Show von Sozialisten, Grünen und Liberalen" handle, um eine Regierung aus den Reihen der Europäischen Volkspartei (EVP) zu attackieren. Es gebe keine Grundlage für ein EU-Grundrechtsverfahren gegen Ungarn.

(APA)

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