Die konstruierten Vorwürfe gegen Ai Weiwei zeigen, wie nervös das chinesische Regime ist.
Glosse
Man kennt es ja auch von anderen Fällen: Ein Regime versucht, einen unliebsamen Kritiker loszuwerden. Und nötigenfalls greift es dabei in die Trickkiste und konstruiert irgendwelche Vorwürfe. Der Vorwurf „Wirtschaftsverbrechen“ scheint dabei besonders beliebt zu sein. Deshalb schmachtet der russische Kreml-Kritiker Mikhail Chodorkowskij seit Jahren hinter Gittern. Dass bei den Geschäften des einstigen Magnaten nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, mag schon stimmen. Doch viele andere russische Geschäftsleute müssten hinter Schloss und Riegel sitzen, würde man bei ihnen dieselben Maßstäbe anlegen wie bei Chodorkowskij. Der Unterschied: Sie haben sich nicht mit Putin angelegt.
Der Fall Ai Weiwei ist nochmals völlig anders gelagert. Ihm Wirtschaftsverbrechen vorzuwerfen wirkt einigermaßen absurd. Chinas Regime wusste sich wohl nicht mehr anders zu helfen – angesichts der fortdauernden Kritik des unbeugsamen Künstlers. Das zeigt, wie nervös man in Peking ist.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2011)