Rapid: Ein Präsident verspielt den Hof

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Rapid-Präsident Edlinger scheint die Kontrolle über den Klub verloren zu haben. Er steht ohne Trainer und Sportdirektor da. OMV zieht sich als Trikotsponsor zurück.

Wien. Zoran Barisić galt immer als die personifizierte gute Laune beim SK Rapid. Auch wenn es einmal nicht so gut lief, wenn sich Spieler vom Trainer oder Sportdirektor ungerecht behandelt fühlten: Barisićs fröhliche, lockere Art heilte so manche Wunde. Doch mittlerweile kann der 40-jährige Interimstrainer ohne Uefa-Profi-Lizenz noch so viel Optimismus versprühen. Bei Rapid braucht es mehr als aufmunternde Worte.

Der populärste Klub Österreichs steckt in der größten Krise seit Jahren. Innerhalb von wenigen Tagen sprang Sportdirektor Alfred Hörtnagl von Bord und wurde Trainer Peter Pacult über Bord geworfen. Ob Präsident Edlinger noch Herr der Lage ist, scheint mehr als fraglich. Denn der 71-Jährige macht bei dem hohen Wellengang in Hütteldorf alles andere als eine gute Figur.

Geradezu peinlich agierte er, als er Andreas Herzog zum neuen Sportdirektor machen wollte. Offenbar ohne den U21-Teamtrainer zumindest informell zu fragen, machte er beim ÖFB sämtliche Hühner scheu – und holte sich schließlich in aller Öffentlichkeit von Herzog eine Abfuhr. Dieses Debakel rächt sich nun in doppelter Hinsicht. Denn nach Pacults Rauswurf wäre genau dieser Andreas Herzog wohl die logische und auch beste Wahl für den Job als neuer Cheftrainer in Wien Hütteldorf.

Kann Herzog Trainer werden?

Bleibt die Frage: Kann Edlinger ein zweites Mal an Herzog herantreten? Kann Edlinger, der Herzogs Absage wohl als persönliche Kränkung ansieht, über seinen eigenen Schatten springen? Falls nicht, wird der Präsident zu einer großen Belastung für den Klub.

Die Querelen beim Rekordmeister haben sich längst sportlich niedergeschlagen. Dass die 0:2-Schlappe am Wochenende gegen Sturm Graz vor allem auch der allgemeinen Verunsicherung des Teams und des (mittlerweile abgelösten) Betreuerstabs zuzuschreiben ist, kann wohl niemand bezweifeln.

Dass Pacults Rauswurf ausgerechnet nach dem Heimspiel gegen Sturm erfolgte, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Denn es war vor knapp einem Jahr, als Pacult nach einem Ausraster nach dem Spiel gegen Sturm in Hütteldorf eigentlich reif für einen Rauswurf war. Sein „Stinkefinger“ in Richtung Sturm-Sektor und sein mehr als peinlicher Auftritt bei der anschließenden Pressekonferenz hätten eine fristlose Entlassung zweifelsohne gerechtfertigt. Damals wurde allen klar, dass eine „Unguided Missile“ auf der Rapid-Trainerbank saß. Doch Rudolf Edlinger ließ Pacult gewähren. Viel zu lange, wie sich nun herausgestellt hat. Zu lange hat Edlinger auch am Wochenende gezögert. Am Sonntag zu verkünden, dass er an Pacult neuerlich festhält, und ihn tags darauf doch zu feuern, so eine „fristlose Entlassung“ hält wohl bei keinem Arbeitsgericht der Welt. Das könnte für Rapid teuer werden.

Und es kommt noch dicker. Rapid verliert Ende dieser Saison den Mineralölkonzern OMV als Trikotsponsor. Der hat pro Saison immerhin 1,8 Millionen Euro in die Klubkasse gespielt. „Wir werden uns künftig auf die Förderung des Rapid-Nachwuchses konzentrieren“, sagt OMV-Sponsoring-Manager Christian Moser zur „Presse“. Über die Höhe des künftigen Rapid-Engagements sei allerdings Stillschweigen vereinbart worden, sagt Moser.

Rapids Finanzlage wird sich also nicht unbedingt verbessern. Denn Rapid kann laut Edlinger nur ausgeglichen bilanzieren, wenn sich der Klub für einen internationalen Bewerb qualifiziert oder Spieler teuer verkauft. In der Vergangenheit gelang beides. Rapid qualifizierte sich für die Gruppenphase der Europa League und konnte durch Millionentransfers punkten – zuletzt das von Nikica Jelavić zu den Glasgow Rangers.

Rapids sportliche und finanzielle Zukunft hängt am seidenen Faden. Noch können die Hütteldorfer sowohl im Cup als auch in der Meisterschaft das Minimalziel Europa League schaffen. Sollte auch diese Mission zur Mission Impossible werden, hätte Präsident Edlinger wohl endgültig seinen grünweißen Hofstaat verspielt.

Auf einen Blick

Rudolf Edlinger ist als Rapid-Präsident angeschlagen. Er verliert innerhalb von Tagen Sportdirektor und Trainer, verprellt Andreas Herzog. Der Klub steckt in der finanziellen Klemme. Der wichtige Sponsor OMV zieht sich zurück. Schafft Rapid nicht die Europa League, droht ein Kahlschlag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2011)

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