Ortstafeln: "Von Prozentfragen abrücken"

Ortstafelstreit Fischer Slowenien
Ortstafelstreit Fischer SlowenienÖsterreichs Bundespräsident Heinz Fischer und sein Amtskollege Danilo Türk (c) AP (Matej Leskovsek)
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Bundespräsident Heinz Fischer ist bei seinem slowenischen Amtkollegen Danilo Türk auf Besuch. Der slowenische Präsident setzt sich dabei für "Paketlösung" ein. "Sind nahe am Ziel", sagt Fischer.

Bundespräsident Heinz Fischer und sein slowenischer Amtskollege Danilo Türk haben sich am Dienstag in Bezug auf die Kärntner Ortstafelfrage unisono für ein Abrücken "von Zahlen und Prozentfragen" ausgesprochen. Nach einem bilateralen Treffen auf Schloss Brdo nahe Ljubljana  erklärten beide Präsidenten, dass es wichtig sein, eine "Paketlösung" zu finden, die im Einklang mit dem Staatsvertrag von 1955 und der österreichischen Verfassung stehe.

Statt über Prozentsätze zu diskutieren, sollte eine Liste jener Orte erstellt werden, in denen zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden. "Wenn man danach den Rechenstift nimmt, würde es mich nicht wundern, wenn der Anteil der slowenischsprachigen Bevölkerung in manchen Orten nicht exakt 17,5 Prozent ausmacht, sondern sogar darunter liegt", sagte Fischer.

"17,5 Prozent" ist jene Formel, die Anfang April in einem Kompromiss festgesetzt wurde. Allerdings wollen diesem nur zwei von drei Vertreterverbänden der slowenischen Minderheit in Kärnten zustimmen. Laut Staatsvertrag und Verfassungsgerichtshof liegt die Schwelle bei zehn Prozent.

Slowenien stärkt Verbänden den Rücken

Für Slowenien ist eine Einigung nur dann akzeptabel, wenn alle slowenischen Verbände zustimmen. Sollte es soweit kommen, werde Slowenien alle Lösungen gutheißen, hielt Türk fest. Es seien ja schließlich die Vertreter der Kärntner Slowenen, die am Verhandlungstisch sitzen. "Alles was die Volksgruppe und die Organisationen akzeptieren können, wird auch für Slowenien gut sein."

Wichtig sei aber auch, dass nicht nur über Ortstafeln geredet werde, sondern auch "gute Lösungen" in den Bereichen Schulwesen, Musikschulen, Kindergärten und Ortstafeln gefunden würden. Die derzeit angestrebte Lösung müsse aber auch als Plattform verstanden werden, auf der in Zukunft in einem vielleicht besseren Klima weitere Verbesserungen erarbeitet werden können, forderte Türk.

"So nahe waren wir noch nie"

Fischer versprühte Optimismus, dass bereits in nächster Zukunft eine Einigung erfolgen kann. "Wir haben die Nähe des Ziels erreicht, es liegt ein vernünftiges Paket am Tisch und ich freue mich schon darauf, wenn ein entsprechendes Gesetz auf meinem Schreibtisch landet, und ich es unterschreiben kann." Nachsatz: "Wenn wir das Ziel jetzt doch nicht erreichen, sind wir selbst schuld, weil so nahe waren wir noch nie."

Unterschiedliche Meinungen vertraten Fischer und Türk in der Frage, ob Slowenien als Rechtsnachfolger Jugoslawiens im Staatsvertrag notifiziert werden könne. Österreich habe den Staatsvertrag mit Staaten geschlossen, die sich vor 1945 mit Hitler-Deutschland im Krieg befunden hätten. Staaten, die zu diesem Zeitpunkt nicht existierten, könnten dem Vertrag nicht beitreten. Türk hingegen erklärte, ein solcher Beitritt Sloweniens sei aus historischen und geographischen Gründen legitim. Er räumte aber ein, dass es dazu auch in Slowenien selbst unterschiedliche Ansichten gibt.

"Gottscheer" nicht anerkannt

Bei dem Gespräch wurde auch die Stellung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien thematisiert. Die "Gottscheer" werden im Gegensatz zu den slowenischen Ungarn und Italienern nicht als autochthone Volksgruppe anerkannt. Türk erklärte aber, dass im slowenischen Parlament ein Beratungsgremium für jene Volksgruppen eingerichtet werde, die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen (Serben, Kroaten und Bosniaken). In diesem Gremium könnten auch die "Gottscheer" vertreten sein. "Wir müssen die Beziehungen zu den Minderheiten auf eine zeitgemäße Basis stellen." FP-Chef Heinz-Christian Strache kritisierte den Umstand massiv, dass die "Gottscheer" in Slowenien nicht anerkannt seien.

Bezüglich des Kernkraftwerks Krško, dessen Sicherheit in Österreich mitunter in Frage gestellt wird, wurde eine weitere Kooperation auf Expertenebene vereinbart. Beide Seiten stimmten überein, dass nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen im Zuge der Reaktorkatastrophe von Fukushima in Japan Sicherheitsfragen oberste Priorität eingeräumt werden müsse. Die weitere Zukunft der Atomenergie sei aber ein weit längerfristigeres Thema. Am Mittwoch wird Fischer in Ljubljana auch mit Premier Borut Pahor sowie Bürgermeister Zoran Janković zusammentreffen.

(Ag.)

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