Gerhard Zeiler soll nun doch zur ORF-Wahl antreten

Gerhard Zeiler soll doch
Gerhard Zeiler soll doch(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Die Kür von Alexander Wrabetz dürfte doch nicht so einfach gehen wie bisher allgemein angenommen: RTL-Boss Gerhard Zeiler will eine Kandidatur wagen. Die Anti-SPÖ-Front formiert sich.

Das Gerücht war lange vonseiten der ÖVP gestreut worden, um den Koalitionspartner nervös zu machen. Gerhard Zeiler, Ex-ORF-Generalintendant und erfolgreicher RTL-Boss, könnte in den Ring steigen und um die ORF-Führung kämpfen. Die SPÖ wurde kaum nervös, die Wahl von Alexander Wrabetz war so gut wie fixiert. ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf konnte nicht einmal mehr Josef Pröll von einer gemeinsamen Medienpolitik überzeugen.

Doch das Match wird wieder spannend: Wie mehrere hochrangige Quellen der „Presse“ bestätigen, hat Zeiler nun signalisiert, das Risiko einer Kandidatur zu wagen. Er wolle und werde antreten, heißt es unisono. Geändert haben dürfte sich auch die ORF-Politik der ÖVP, Einigkeit scheint plötzlich möglich zu sein: Derzeit laufen hinter den Kulissen fieberhafte Versuche, eine Allianz gegen Wrabetz und damit die SPÖ-Zentrale auf die Beine zu stellen. Es habe bereits einen Kontakt zwischen Zeiler und Michael Spindelegger wegen dieser Frage gegeben, heißt es im Umfeld der ÖVP. Amüsanterweise soll das Vorbild für die Zeiler-Inthronisierung ausgerechnet die bunte Koalition gegen die von der ÖVP unterstützte Monika Lindner sein. Damals verband Stiftungsräte unterschiedlichster Couleur das Feindbild ORF-Chefredakteur Werner Mück. Nun werden SPÖ-Geschäftsführerin Laura Rudas und SPÖ-Freundeskreis-Leiter im Stiftungsrat, Niko Pelinka, als feindlicher gemeinsamer Nenner genannt, ihr Einfluss auf den ORF müsse unterbunden werden, so der ÖVP-Schlachtruf. Wichtig dabei: Es gelte, Zeiler, den SPÖ-Mann, ja nicht als ÖVP-Kandidaten zu positionieren. Immerhin seien manche SPÖ-Länder wie Salzburg für Zeiler...

In der Faymann-SPÖ reagiert man durchaus alarmiert auf die mögliche Konkurrenz durch Zeiler, auch wenn man sich im Besitz der besseren Karten, also einer recht soliden Mehrheit im Stiftungsrat weiß: Zeiler sei der endgültige Todesstoß für den öffentlich-rechtlichen Charakter des ORF. Stimmt nicht, heißt es auf der anderen Seite: Nach dem Führen eines kommerziell erfolgreichen privaten TV-Konzerns plane Zeiler, seine Karriere mit dem Beweis zu krönen, dass man einen wirtschaftlich soliden und öffentlich-rechtlichen Sender machen könne.

Mitentscheidend wird die Frage sein, ob FPÖ, BZÖ und Grüne beim Projekt Zeiler mit von der Partie sind. Bei den unabhängigen Stiftungsräten und den Betriebsräten wird vorgefühlt. Und: Schafft es Zeiler, Sozialdemokraten aus der Wrabetz-Phalanx herauszubrechen? Allerdings muss sich auch Spindelegger fürchten, ob Niederösterreich mit allen machtpolitischen Implikationen an Bord bleibt: Immerhin tritt Richard Grasl als Finanzchef ziemlich sicher im Team von Alexander Wrabetz an. In der ÖVP sind viele von der Performance des Niederösterreichers begeistert.

Es gibt einen Präzedenzfall, dass ein Finanzchef die Fronten wechselt. Wrabetz machte den Job unter Monika Lindner. Es hat sogar Tradition: Wrabetz diente vor Lindner Gerhard Weis, den die ÖVP wegputschte.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2011)

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