Einkaufsstraßen: Alle wollen ins "Goldene U"

Einkaufsstrassen Alle wollen Goldene
Einkaufsstrassen Alle wollen GoldeneClemens Fabry
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Internationale Markenartikler zieht es in die Kärntner Straße, an den Kohlmarkt, Graben oder in die Mariahilfer Straße. Das treibt dort die Preise.

Jeder Wiener vom Baby bis zur Großmutter hatte im Vorjahr 19.140 Euro zum Ausgeben. Das geht aus Berechnungen von RegioData Research hervor. Ein Gutteil davon ging zwar für Fixkosten wie Miete, Betriebskosten oder Versicherungsprämien drauf. Doch auch der Handel konnte profitieren und den Umsatz real - also stärker als die Inflation - steigern. Die Konkurrenz ist aber groß und wächst. Auf 1,4 Millionen Quadratmeter Fläche werden in Wien Waren für die Konsumenten feilgeboten. Dabei haben die Einkaufszentren gegenüber den Einkaufsstraßen die Nase vorn. Laut den jüngsten "Real Estate Country Facts" der Bank Austria entfallen 630.000 Quadratmeter auf Einkaufszentren und 450.000 auf Fachmarktagglomerationen. Bleiben noch 330.000 Quadratmeter für die Wiener Einkaufsstraßen.

Kaum große Flächen in Toplagen

Die Mieter von Einkaufsstraßen haben dabei einen entschiedenen Vorteil: Die Fläche ist begrenzt, neue Mieter müssen entweder tief in die Tasche greifen oder lange warten, bis sie ein Lokal in der Mariahilfer Straße oder im "Goldenen U" (Graben, Kohlmarkt, Kärntner Straße) ergattern. "In der Toplage übersteigt die Nachfrage das Angebot bei Weitem", stellt Gregor Blanka, Immobilienmakler bei Colliers International, fest. Für internationale Markenartikler (etwa den Bekleidungsspezialisten "Forever 21"), die auf den österreichischen Markt wollten, käme dabei in Wien neben dem " und der Mariahilfer Straße allenfalls noch das Donau Zentrum infrage, meint der Experte. Wenn sie dort nicht gleich etwas bekämen, warteten sie eben. Ein Problem ist auch, dass es kaum größere Flächen in den Toplagen gibt. Mit weniger guten Lagen geben sich die Händler selten zufrieden. Eine Ausnahme stellt der erste Abschnitt der Neubaugasse dar", sagt Blanka. Dieser fungiere als Verlängerung der Mariahilfer Straße. In den Toplagen im ersten Bezirk profitieren die Händler nicht nur von der hohen Kaufkraft, die mit 39.068 Euro mehr als doppelt so hoch ist wie der österreichische Durchschnitt. Auch Städtetouristen entdecken Wien zunehmend als Shopping-Standort und kaufen in diesen Straßen ein. "Gerade im hochpreisigen Segment hat Wien hohen Nachholbedarf", meint Karla Schestauber, Immobilienanalystin bei der Bank Austria. Nächstes Jahr wird das neue Einkaufszentrum Tuchlauben das Angebot an Nobelshops um 10.000 Quadratmeter vergrößern, doch ansonst ist das Wachstumspotenzial des "Goldenen U" begrenzt. Das treibt die Mieten in diesen Lagen nach oben. Laut Bank Austria belaufen sie sich auf 150 bis 300 Euro pro Monat und Quadratmeter.

Die zahlreichen Bezirkseinkaufsstraßen haben unter dieser Entwicklung in den vergangenen Jahren gelitten. Allerdings sei der Abwärtstrend für die einst florierenden Einkaufsstraßen wie die Landstraßer Hauptstraße oder die Favoritenstraße bereits gebremst, stellt Blanka fest: So gebe es in vielen Straßen  - etwa der Wallensteinstraße oder der Landstraßer Hauptstraße - einzelne Abschnitte, die gut gingen. Die Favoritenstraße entwickle sich zu einem Diskontstandort, ein Konzept, das ebenfalls gut funktioniere. So siedeln sich dort Billigtextilmarken wie Takko oder New Yorker, Lebensmittelhändler wie Hofer oder Diskontparfümerien an. Andere wie die Taborstraße oder die Obere Augartenstraße sind dagegen typische Nahversorger-Standorte. Heuer könnten die Händler noch mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen haben. Da die Löhne heuer erstmals seit Jahren schwächer ansteigen dürften als die Inflation, sinkt die Kaufkraft. Das wird die Randlagen wahrscheinlich stärker treffen als die Nobelstandorte, bei denen die Nachfrage der Touristen die nachlassende Kaufkraft der Einheimischen kompensieren dürfte. Viele Experten rechnen allerdings damit, dass lediglich die Sparquote sinken wird - dass die Konsumenten also genauso viel ausgeben wie bisher, aber weniger zur Seite legen. Bei RegioData stellt man aber einen noch ganz anderen Trend fest: Obwohl die Kaufkraft über die Jahre wächst, sinkt der Anteil dessen, was in den Einzelhandel fließt. So seien 1990 noch 40 Prozent der Ausgaben der Österreicher dem Einzelhandel zugutegekommen, zuletzt waren es nur noch 31 Prozent. "Dieser Trend ergibt sich durch Verschiebung der privaten Konsumausgaben zugunsten teurerer Lebenshaltungskosten (Energie, Verkehr)", stellt RegioData-Sprecher Mark Ruhsam in einer Aussendung fest.

Reallöhne sinken nur heuer

Dazu komme, dass mit steigendem Einkommen auch die Ausgaben für Freizeit und Luxus (etwa Reisen) ansteigen. Auch dieses Geld strömt nicht in den Einzelhandel. Schestauber glaubt indes nicht, dass die Reallöhne über einen längeren Zeitraum hinweg sinken werden. Bereits im nächsten Jahr dürfte sich die Inflationsrate dank der Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) wieder reduzieren. Die Händler brauchen also nicht um ihre Umsätze zu zittern - auch die Nahversorger nicht.

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