Mordfall Stefanie P.: Angekündigter Kronzeuge blieb aus

Mordfall Stefanie Angekuendigter Kronzeuge
Mordfall Stefanie Angekuendigter Kronzeuge(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die Mutter des Angeklagten hat für heute einen Kronzeugen angekündigt, der die Tat klären soll. Diesen gibt es aber offenbar nicht.

Ihr Sohn habe seine Ex-Freundin nicht getötet, sondern die Tat auf sich genommen, um sie zu schützen, versicherte in der Vorwoche die Mutter des Angeklagten Philipp K. im Mordprozess um die erstochene und zerstückelte Stefanie P.. Sie kündigte für heute, Montag, einen von zwei Detektiven ausgeforschter Kronzeugen an, der die Tat klären werde. Diesen Kronzeugen gibt es jedoch offenbar nicht, wie eine Befragung des Landeskriminalamts mit einem der Detektive ergeben hat.

"Ich habe keinen Zeugen, der diesen Beweis beibringen kann", verlas Richterin Sonja Weis am Montag im Straflandesgericht aus dem Protokoll. Weiters gab der Detektiv an, sein Verhalten gegenüber Margit K., der Mutter des Angeklagten Philipp K., sei davon geprägt, "ihr seelisches Gleichgewicht zu geben". Verteidiger Ernst Schillhammer räumte ein, der Kontakt zum Kronzeugen sei "abgebrochen".

Widersprüchliche Aussagen am Tatort

Nach der Verlesung erfolgte die Befragung jener beiden Polizisten, die als erste am Tatort waren, nachdem die Tante von Stephanie P. Alarm geschlagen hatte. Die Wohnungstür öffnete nicht Philipp K., sondern dessen Bekannter Oliver D., der auf einen Anruf des Angeklagten hin unmittelbar vorher eingetroffen war und dem der 23-Jährige laut Anklage das Verbrechen gestanden haben soll.

Bereits an der Tür fiel den Polizisten eine blutdurchtränkte, gegen die Wand gelehnte Matratze auf. Auf Befragen, was es damit auf sich habe, machte sich Philipp K. verdächtig, indem er angab, es handle sich dabei um "Regelblut meiner Freundin" bzw. habe er sich beim Einräumen des Geschirrspülers an der Hand verletzt und die Matratze offenbar auch mit seinem Blut benetzt.

Den Beamten erschien das unglaubwürdig. "Für uns war klar, dass etwas Furchtbares in dieser Wohnung passiert sein muss", erinnerte sich einer der zwei Streifenpolizisten im Zeugenstand. Philipp K. wurde festgenommen, während der ebenfalls am Tatort angetroffene Oliver D. die Wohnung verlassen und sich ins Stiegenhaus begeben konnte.

Ein Geschworener und Verteidiger Schillhammer verstanden dies nicht ganz. "Was hätten Sie gemacht, wenn der überhaupt gegangen wäre?", wunderte sich der Anwalt. Das sei seine "Entscheidung aus der Situation heraus" gewesen, antwortete der Inspektor.

Privatdetektiv gegen Oliver D.

Nach der Einvernahme der Polizisten ging es noch einmal um Oliver D.. Ein Münchner Privatdetektiv, den Verteidiger Schillhammer stellig gemacht hatte, erklärte im Zeugenstand, er habe im Auftrag der Großmutter des Angeklagten dessen "Lebenslauf" und "Persönlichkeitsprofil" recherchiert.

"Alles, was er auf Facebook postet, ist gelogen. Er ist kein Akademiker, hat nicht einmal Abitur", so der Detektiv aus München. "Glauben, Sie, dass er der Einzige ist, der auf Facebook nicht die Wahrheit sagt?", warf Richterin Sonja Weis ein. Er habe auch mit den Eltern gesprochen, setzte der Zeuge fort. Diese würden sich vor Oliver D. fürchten und hätten ihm eingeschärft, ihrem Sohn keinesfalls ihre aktuelle Anschrift und Telefonnummer weiterzugeben, da dieser "ins Drogen- und Verbrechermilieu" abgeglitten sei.

In diesem Zusammenhang erwähnte der Detektiv kriminalpolizeiliche Eintragungen betreffend Oliver D., die allerdings nur zum Teil im offiziellen deutschen Strafregister aufscheinen. Auf die Frage, wie er sich diese dem Amtsgeheimnis unterliegende Vermerke beschafft habe, berief sich der Zeuge auf sein "Berufsgeheimnis". Als er dahingehend belehrt wurde, dass ein solches für Detektive nicht bestehe, erklärte er, er habe sich "bei der Staatsanwaltschaft teilweise durchgefragt", wobei damit offensichtlich eine deutsche Anklagebehörde gemeint war.

Drohungen gegen Journalisten?

Im Anschluss wurde noch einmal der an sich schon in der Vorwoche vernommene Oliver D. in den Zeugenstand geholt, der sich sogleich über den zuvor befragten Detektiv ausließ ("Der Lackaffe!") und versicherte, dieser "lüge" und habe niemals mit seinen Eltern geredet. Oliver D. versicherte neuerlich, mit dem inkriminierten Verbrechen nichts zu tun zu haben. Die Angaben der Mutter des Angeklagten, die am vergangenen Donnerstag Gegenteiliges behauptet und betont hatte, Oliver D. habe seine Beteiligung einem Mann mit einem kroatisch klingenden Namen auch gestanden, tat dieser als "Larifari" ab: "Ich hab' diesbezüglich niemandem was gesagt. Ich bin doch nicht blöd."

Im Übrigen wundere er sich, "was das Ganze für das Verfahren überhaupt soll", bemerkte Oliver D. mit einem Seitenblick auf Philipp K. "Dem kann doch der liebe Gott nicht mehr helfen. Der Mann ist erledigt", sagte er abschließend über den Angeklagten.

Nachdem Oliver D. den Saal verlassen hatte, meldete sich eine "News"-Journalistin zu Wort und bat die Richterin um einen Protokollvermerk. Sie und eine Kollegin vom TV-Sender "Puls 4" würden von Oliver D. bedroht, nachdem sie über das Verfahren berichtet und sich dabei auch mit dessen Person beschäftigt hatten. "Wir machen die Behörden dafür verantwortlich, sollte uns etwas zustoßen", wollten die Journalistinnen schriftlich vermerkt haben.

Philipp K. weggekippt?

Zum Ende des Verhandlungstages ging es um den Alkoholkonsum von Philipp K.: Zwei Zeuginnen berichteten, dass er nach dem Konsum einer größeren Alkohol-Menge "weggekippt" sei und stundenlang felsenfest geschlafen habe. Dies soll die Angaben des Angeklagten bestätigen, er habe den Mord an Stefanie P. verschlafen und sei neben der Leiche aufgewacht.

Wie im Anschluss der chemische Sachverständige Günter Gmeiner erläuterte, dürfte der Angeklagte zum Zeitpunkt seiner Festnahme mindestens 1,6 Promille im Blut gehabt haben. Als theoretisch denkbaren Maximalwert nannte der Gutachter für die Tatnacht 2,5 Promille.

Weiters berichtete Gmeiner, dass das Opfer in den Monaten vor ihrem gewaltsamen Ende regelmäßig Antidepressiva zu sich genommen hatte. Zum Zeitpunkt ihres Todes war Stefanie P. geringfügig alkoholisiert. Nachträglich wurde ein Wert von rund 0,5 Promille ermittelt.

Blut aus Hals "herausgespritzt"

Stefanie P. starb an einer tiefen Stich- bzw. Schnittwunde in den Hals, nachdem der Täter der zu diesem Zeitpunkt gefesselten jungen Frau Verletzungen im Brust- und Bauchbereich zugefügt hatte. Das führte der Gerichtsmediziner Daniele Risser in seinem Gutachten aus. "Der Tod ist nach einer Läsion an der Halsschlagader zu Lebzeiten infolge Verblutens nach außen eingetreten", sagte der Sachverständige. Das Blut sei "herausgespritzt", der Tod zwei bis drei Minuten nach Eröffnung der Halsschlagader erfolgt.

"Man muss davon ausgehen, dass das ein Todeskampf war", stellte Risser fest. Möglicherweise habe Stefanie P. auch noch gelebt, als ihr in die Nase geschnitten wurde. Demgegenüber ging Risser davon aus, dass ihr ein Ohr "eher in der agonalen Phase, wo das Leben ausgehaucht wird" abgeschnitten wurde. Jedenfalls postmortal wurde dem Opfer eine Tätowierung mit dem Schriftzug "Philipp" aus dem Bauch geschnitten. Dasselbe stellte Risser in Bezug auf Verunstaltungen der primären Geschlechtsmerkmale fest.

Das Zerteilen der Leiche - der Kopf wurde zwischen dem fünften und sechsten Halswirbel abgetrennt, die beiden Arme jeweils an den Schultergelenken - dürfte laut Risser 30 bis 60 Minuten in Anspruch genommen haben. Die Leiche habe insgesamt 200 Läsionen aufgewiesen.

Der Prozess wird am Dienstag um 13.30 Uhr mit dem Gutachten des Psychiaters Karl Dantendorfer fortgesetzt. Sollte es - wie geplant - zu einem Urteil kommen, wird dies mit Sicherheit erst am Abend fallen.

(APA)

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