Thun-Hohenstein: „Hoffe, dass es nicht so schlimm wird“

ThunHohenstein Hoffe dass nicht
ThunHohenstein Hoffe dass nicht(c) REUTERS (HERWIG PRAMMER)
  • Drucken

Christoph Thun-Hohenstein (51), ab September 2011 Direktor des Wiener Museums für angewandte Kunst (MAK), spricht über seine Pläne und Hindernisse. Sein wichtigstes Ziel: Herausforderungen für die Mitarbeiter.

„Die Presse": Sie übernehmen ein Haus, das zuletzt in den Medien mit starken Turbulenzen präsent war: Kontroversen über Ausstellungen wie Nordkorea, fristlose Entlassung des Langzeitdirektors Peter Noever. Aufstand eines Teils der Belegschaft, Polarisierung. Wie werden Sie sich zurechtfinden?

Christoph Thun-Hohenstein: Ich hoffe, dass es nicht so schlimm wird. Ich gehe in der Überzeugung an meine Aufgabe heran, dass ich das Team neu motivieren kann. Ich glaube, dass bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des MAK Potenzial vorhanden ist, das in den letzten Jahren zu kurz gekommen ist. Ich bin guter Dinge, dass es mir gelingt, mit diplomatischem Gespür und mit Überzeugungskraft eine positive Stimmung zu schaffen.

Kaum haben Sie im September Ihr Amt angetreten, müssen Sie sich vermutlich mit dem Rechnungshofbericht über die Noever-Ära herumschlagen. Wie wird sich das auf die Reputation des Hauses auswirken?

Christoph Thun-Hohenstein: Ich habe die Arbeit Peter Noevers für das MAK sehr geschätzt. Ich finde, dass er hier Großes geleistet hat. Ich bin nicht wirklich eingeweiht, in das was vorgefallen ist. Aber es ist richtig, dass ich damit konfrontiert sein werde.

Hat Noever Sie auch nach Los Angeles eingeladen wie so viele andere, was einiges an Steuergeld gekostet hat?

Christoph Thun-Hohenstein: Nein.

Noever hat immer gesagt, dass das MAK zu wenig Geld hat.

Christoph Thun-Hohenstein: Man muss sich das jetzt alles einmal durchrechnen. Ich bin überzeugt, dass es verschiedene Einsparungspotenziale gibt, ohne dass Personen zu Schaden kommen. Ich will auch nicht den Personalstand reduzieren.

Vielleicht sollte man den kostspieligen amerikanischen Pick-Up-Truck versilbern, der für einiges böses Blut gesorgt hat.

Christoph Thun-Hohenstein: Wir werden sehen. Auf jeden Fall muss Überzeugungsarbeit geleistet werden, z. B. auch Menschen aus der Privatwirtschaft für Themen des MAK zu interessieren. Fund Raising wird eine Rolle spielen, ohne dass ich das jetzt übermäßig betonen möchte. Sonderausstellungen sind auch aus der Basisdotierung machbar. Mir ist es wichtig, maßgebliche Szenen einzubinden. Im MAK müssen die Kreativen mit ihrer laufenden Produktion stattfinden.

Das MAK hatte 2010 ca. 190.000 Besucher. Das ist nicht schlecht. Wenn man aber hingeht, ist es manchmal komplett leer. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz - und was werden Sie unternehmen, damit es mehr öffentliche Resonanz gibt?

Christoph Thun-Hohenstein: Ich möchte jetzt nicht von Blockbustern sprechen. Aber es ist mir ein großes Anliegen, überzeugende Ausstellungen zu machen. Das braucht etwas Zeit, nämlich nicht, dass sie stattfinden, sondern auch dass sie viele Menschen erreichen. Ich bin auch ganz stark an Vermittlung interessiert.

Ministerin Schmied sprach von mehr Vermietungen.

Christoph Thun-Hohenstein: Wir wollen mit möglichst vielen verschiedenen Anlässen möglichst viel Publikum locken.

Werden Sie eine Abteilung übernehmen?

Christoph Thun-Hohenstein: Nein. Ich werde mit Spezialisten arbeiten. Es wird sicher eine zusätzliche Besetzung geben, im Bereich Gegenwart. Hier soll das Zentrum der Gefechtsturm im Arenberg Park sein. Aber ich werde mich in alle Bereiche entsprechend einmischen. Es ist wichtig, dass es in die richtige Richtung geht. Ich habe viel gesehen und versuche auch jetzt viel zu sehen und habe ein gutes Gespür, wie Dinge einzuschätzen sind.

Ist es nicht unsinnig, ein Schindler-Haus in Los Angeles zu haben oder den Flakturm im Arenbergpark, wenn das Budget nicht reicht? 99 Prozent der Wiener kommen nie nach Los Angeles.

Christoph Thun-Hohenstein: Viele Österreicherinnen und Österreicher reisen, nicht wenige auch nach Los Angeles. Das Schindler-Haus ist sehr wichtig. Es ist ein kleines Juwel, das großes Ansehen in den maßgeblichen Kreisen von Los Angeles genießt. Die Westküste entwickelt sich viel stärker zu einem Kunstzentrum als das in der Vergangenheit der Fall war. In Amerika ist Kunst immer auch Teil des Lifestyles. Die Ausbildung für Stipendiatinnen und Stipendiaten ist auf höchstem Niveau. Ich habe es nur schade gefunden, dass man mit den besten Leuten aus diesem Museum nicht mehr macht.

Was sind denn für Sie wichtige Museen für angewandte Kunst oder Design? Oder Ausstellungen?

Christoph Thun-Hohenstein: Die besten Design-Ausstellungen, die ich kenne, zeigt das New Yorker Museum of Modern Art. Dort arbeitet eine Kuratorin, die sich überlegt, was die wichtigsten Themen der Zukunft sein können. Da gab es die mittlerweile legendäre Ausstellung „Design and the Elastic Mind", derzeit gibt es eine Schau über Interfaces. Wir müssen versuchen, das beste aus unseren Konstellationen, auch mit den verschiedenen Exposituren herauszuholen, wobei der Anspruch nicht rein ästhetischer Natur sein soll, sondern auch größerem Nutzen verpflichtet.

„Wien 1900", ist dieses Logo nicht schon ziemlich verbraucht?

Christoph Thun-Hohenstein: Ich glaube, dass es da noch viele unglaubliche und neue Aspekte gibt. Ich erinnere mich an eine Ausstellung über die Wiener Werkstätten, die Christian Witt-Dörring in der Neuen Galerie in New York kuratiert hat. Da ging es darum, wie sich die Vasen in modernen Bauten berühmter zeitgenössischer Architekten, etwa Richard Rogers, wieder finden. Die digitale Technik muss neu genützt werden, um mit diesen Themen umzugehen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Das MAK braucht Farbe

Das Museum für angewandte Kunst benötigt einen Neustart und hat allerlei Probleme. Der neue Chef hat viel zu tun.
MAKReaktionen Zustimmung allen politischen
Kunst

Neuer MAK-Chef: Zustimmung von Politik und Kollegen

Die Wahl, Christoph Thun-Hohenstein zum neuen MAK-Direktor zu machen, stößt auf einhellige Zustimmung.
Christoph Thun-Hohenstein
Kultur

MAK: Christoph Thun-Hohenstein wird neuer Direktor

Der Leiter der Kreativagentur "departure" soll die Nachfolge des zurückgetretenen und entlassenen Peter Noever antreten. Thun-Johenstein arbeite "teamorientiert", lobt die Kulturministerin.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.