Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) redet von einem Nulldefizit für das Jahr 2015. Der Rechnungshof vermisst aber die Basis für einen stabilen Sparkurs. Einmal mehr werden beträchtliche Differenzen kritisiert.
Wien. Im oberösterreichischen Kurort Bad Hall ist alles für die Zeremonie vorbereitet. Heute, Donnerstag, werden Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) und die Landeshauptleute dort den bereits von Fekters Vorgänger Josef Pröll ausgehandelten Stabilitätspakt, der die Finanzen von Bund, Ländern und Gemeinden regelt, unterzeichnen. Mitten in diese Feierstimmung platzt jetzt der Rechnungshof. Dessen jüngster Bericht, der der „Presse“ vorliegt, stellt die längerfristige Sicherung der Finanzen des Gesamtstaates massiv infrage: Die mittelfristige Haushaltsplanung wird als undurchsichtig und schlecht koordiniert bemängelt. Dazu kommen als großer Unsicherheitsfaktor Milliardenbelastungen durch Pensionsausgaben.
Schuldenabbau mit Privatisierung
Finanzministerin Fekter ist hingegen frohgemut. Nur wenige Stunden vor dem Beschluss des neuen Finanzrahmens bis 2015 am Mittwoch im Nationalrat, den sie bereits mitverhandelt hatte, ließ sie im ORF-Radio mit der Aussage aufhorchen, dass schon 2015 ein Nulldefizit möglich sei. Sie drängt auf weitere Privatisierungen, um die Staatsschulden abzubauen. Fix ist das freilich in keiner Weise. Der von der Koalition eben beschlossene Finanzrahmen sieht für 2015 noch ein EU-relevantes Defizit des Gesamtstaates von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor.
Mit dem neuen Stabilitätspakt, der heute unterzeichnet wird, verpflichten sich die Länder zwar zu verstärkten Aktivitäten zur Einhaltung des Sparziels, verbunden mit Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorgaben. Im Gegenzug macht der Bund aber in Summe 680 Millionen Euro für die Pflege locker.
Den Prüfern des Rechnungshofes wurde allerdings offenkundig schwummrig bei Durchsicht der „Grundlagen der Fiskalpolitik des Staates“. Nicht einmal der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Koordination der Haushaltsführung sei von Bund, Ländern und Gemeinden entsprochen worden, beklagt der Rechnungshof. Einmal mehr werden beträchtliche Differenzen zwischen den tatsächlichen Finanzschulden, von denen viele ausgelagert wurden, und dem viel niedrigeren offiziell ausgewiesenen Schuldenstand kritisiert.
„Versteckspiel“ um Zahlen
Länder und Gemeinden zieren sich, dem Bund genaue Zahlen über ihre Finanzsituation preiszugeben. Zwar werden Berichte an das Bundes-Koordinationskomitee über die Haushaltsplanung übermittelt. Deren Informationsgehalt sei aber „gering“ und zur Erstellung eines Stabilitätsprogramms „wenig zweckmäßig“ gewesen.
Auf Bundesseite werden laut Prüfbericht drohende Belastungen für die Staatsfinanzen durch die Alterung zu wenig beachtet. Der Rechnungshof drängt daher darauf, den „Handlungsbedarf“ klar festzulegen. Das bedeutet konkret, dass sich die Regierung einigen müsste, welche Gegenmaßnahmen sie ergreift. Dieser Weckruf an die verantwortlichen Politiker wurde vom Kontrollorgan so formuliert: Es „sollten die erforderlichen Maßnahmen im Sinn der Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen und der Generationengerechtigkeit getroffen werden“.
Für Bundeskanzler Werner Faymann ist das Erreichen des Zwei-Prozent-Defizit-Ziels bis 2015 schon ambitioniert. Dazu bekannte er sich im Parlament.
Fekter hingegen will schon vor der nächsten Nationalratswahl 2013 noch eine Steuerreform unter Dach und Fach bringen. Während die ÖVP-Führung zuletzt diesbezügliche Erwartungen gebremst hatte, sagte Fekter im ORF-Radio, wenn es mit dem Koalitionspartner SPÖ eine Mehrheit gebe, könne man schon vor der Wahl ein Steuerpaket umsetzen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2011)