Mordfall Israilov: Hohe Haftstrafen für alle Angeklagten

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ISRAILOV - PROZESS(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (Herbert Pfarrhofer)
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Die drei Angeklagten wurden zu 16 Jahren, 19 Jahren und lebenslanger Haft verurteilt. Sie sollen im Jänner 2009 den tschetschenischen Asylwerber Umar Israilov auf offener Straße in Wien erschossen haben.

Im sechseinhalb Monate dauernden Prozess um den Mord am tschetschenischen Asylwerber Umar Israilov sind am Mittwoch die drei Angeklagten der Beteiligung an Mord und der versuchten Auslieferung an eine fremde Macht schuldig gesprochen worden. Als Strafausmaß verhängte das Gericht für den Erstangeklagten Otto K. (42) lebenslange Haft, über den Zweitangeklagten Suleyman D. (37) 19 Jahre Haft und den Drittangeklagten Turpal-Aliy Y. (32) 16 Jahre Haft. Außerdem müssen die drei den Privatbeteiligten Schadenersatz zahlen: Dem Vater, der Ehefrau und den vier Kindern des Ermordeten wurden jeweils 25.000 Euro zugesprochen.

Die Urteile sind nicht rechtskräftig: Die Angeklagten legten Nichtigkeitsbeschwerde (Otto K.) ein bzw. erbaten sich Bedenkzeit. Staatsanwalt Leopold Bien meldete gegen das Urteil des Zweit- und Drittangeklagten Berufung an.

Israilov war am 13. Jänner 2009 auf offener Straße in Wien-Floridsdorf erschossen worden. Die tödlichen Schüsse soll der tschetschenische Staatsbürger Letscha B. abgegeben haben, der jedoch in seine Heimat flüchtete. Das Gericht geht davon aus, dass ursprünglich geplant war, den 27 Jahre alten Israilov gewaltsam nach Tschetschenien zu verbringen, nachdem dieser gegen den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow ein Verfahren wegen Folter-Vorwürfen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in die Wege geleitet hatte. Als die Entführung scheiterte - Israilov wehrte sich heftig, als er überwältigt werden sollte -, "war das sein Todesurteil", hatte der Staatsanwalt festgestellt. Staatsanwalt Leopold Bien hatte für die drei Angeklagten jeweils lebenslange Haft gefordert.

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Keine Einvernahme von Kadyrow

Für das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) war Tschetscheniens Präsident Kadyrow der Drahtzieher des Komplotts, wobei die Ermittler in ihrem Abschlussbericht einen "definitiven Tötungsauftrag" vom Juni 2008 erwähnen. Ein an die Moskauer Generalstaatsanwaltschaft gerichtetes Rechtshilfeersuchen der Wiener Justiz um Stelligmachung und zeugenschaftliche Befragung Kadyrows blieb unbeantwortet.

Für den Generalsekretär von Amnesty International, Heinz Patzelt, sind die Urteile ein Auftrag an die russische Justiz, díe Hintermänner und den Todesschützen Letscha B. strafrechtlich zu verfolgen. "Mit der Verknüpfung Mord und Auslieferung an eine fremde Macht hat das Gericht klar gemacht, dass die Hintermänner im Ausland zu suchen sind und dass hier ein politischer Auftragsmord vorliegt", so Patzelt, der die "Regierung Ramsan Kadyrow" in dem Zusammenhang nannte. Dass die russischen Behörden auf die österreichischen Amtshilfeansuchen in der Causa nicht einmal reagierten, lässt ihn nicht daran zweifeln, dass jetzt etwas passieren müsse. "Die Erfahrung zeigt uns, dass oft Jahre und Jahrzehnte vergehen, bis die Betroffenen der Gerechtigkeit zugeführt werden - siehe Milošević oder Mladić", so Patzelt.

Auch die Opferanwältin Nadja Lorenz zeigte sich zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens. Vor allem die Angehörigen seien froh, "dass jene, von deren Schuld sie immer überzeugt waren, nicht ihrer Strafe entkommen sind".

(APA)

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