ORF-Wahl: Bürgerlich-rechte Front gegen Wrabetz?

ORFWahl Buergerlichrechte Front gegen
ORFWahl Buergerlichrechte Front gegen(c) ORF (Ali Schafler)
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Die FPÖ appelliert an die ÖVP, gemeinsam gegen Generaldirektor Wrabetz zu stimmen. Die Wahl könnte auch Testlauf für eine Ampel-Koalition sein, meinen politische Beobachter.

Die politischen Fronten bei der Wahl des ORF-Generaldirektors, bei der Amtsinhaber Alexander Wrabetz als aussichtsreichster Kandidat gilt, werden nach der Absage von Gerhard Zeiler immer deutlicher: Die FPÖ ruft die ÖVP "dringlich" dazu auf, bei der ORF-Wahl einen "nicht sozialistischen" Kandidaten zu unterstützen.

Die Wiederwahl von Wrabetz sei nicht fix, die Chancen für einen (bürgerlichen) Kandidaten gegeben. Der Amtsinhaber habe sich als "linker Parteiideologe, willfähriger SPÖ-Parteisoldat sowie katastrophaler Medienmanager" mit einer Serie von Programmflops einen schlechten Namen gemacht, kritisierte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky. Eine weitere Ära Wrabetz sei im Interesse einer guten österreichischen Medienzukunft am Küniglberg völlig inakzeptabel, befand der Freiheitliche.

Bürgerliche wollen Kandidaten

Das könnte man als Unterstützungserklärung für einen bürgerlichen Kandidaten deuten, denn auch nach Zeilers Rückzug möchte die ÖVP einen Gegenkandidaten für den amtierenden General ins Rennen schicken. "Wrabetz wird mit Sicherheit nicht der einzige Bewerber für den ORF-Generaldirektorposten sein", sagte Franz Medwenitsch, Sprecher der Bürgerlichen im ORF-Stiftungsrat. Nun wird über mögliche Kandidaten spekuliert ("Die Presse" berichtete).

Ganz traut man der schwarzen Ablehnung von Wrabetz bei den Freiheitlichen aber nicht: Es sei aber möglicherweise zu befürchten, dass die ÖVP bloß ein mediales Säbelrasseln betreibe, in letzter Konsequenz aber doch ins rot-schwarze Koalitionsbett zurückkehre, wenn sie damit ihre medienpolitischen Interessen halbwegs abgedeckt sehe, meint Vilimsky. Das bezeichnet er als fatalen Fehler, der den rot-grünen Einfluss auf Jahre hin am Küniglberg absichern würde.

SPÖ und ÖVP demonstrieren Einigkeit

Am Dienstag nach dem Ministerrat zeigten ÖVP und SPÖ jedenfalls keine Spur von Konfrontation. Beide strichen hervor, dass bei der Wahl des künftigen ORF-Generaldirektors das Wohl des Unternehmens ORF im Mittelpunkt stehen müsse. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) betonte einmal mehr seine Unterstützung des amtierenden Generals Alexander Wrabetz. Das tat Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) nicht, er will aber das Gespräch mit Wrabetz suchen, kündigte er an.

Darauf, dass Zeiler in seinem Nicht-Bewerbungsinterview im "profil" scharfe Kritik an der Politik und hier vor allem an der SPÖ geübt hatte, ging Faymann nicht näher ein: "Man muss nicht alles kommentieren", sagte er lediglich. Die SPÖ sei für einen "starken ORF", und er habe nie ein Hehl daraus gemacht, dass Wrabetz mit seinem Team "große Fortschritte" für den ORF erzielt habe. "Ich sage das bei jeder Gelegenheit, ich halte Wrabetz für den Richtigen", bekräftigte der Kanzler.

So Deutliches war von Spindelegger nicht zu hören. Ob sich die ÖVP nun auf die Suche nach einem neuen Kandidaten mache, beantwortete er nicht direkt. Er gehe aber davon aus, dass sich mehrere Bewerber melden würden, und jeder von ihnen müsse auch ein "Unternehmenskonzept" vorlegen, das es zu prüfen gelte. In diesem Zusammenhang werde er "selbstverständlich" mit Wrabetz sprechen, aber auch die Vorstellungen anderer Bewerber genau prüfen. Nur dann "kann ich für mich die Entscheidung treffen", wer der Beste fürs Unternehmen sei, so der ÖVP-Chef.

SPÖ-Mediensprecher Josef Cap wollte auf Zeilers Schelte auch nicht näher eingehen und stimmte ebenfalls ein Loblied auf Wrabetz an, der den ORF "in schwierigen Zeiten" auf erfolgreichem Kurs lenke. Ihn zu bestellen sei aber "Sache des Stiftungsrats", so Cap am Rande der Regierungssitzung. Und SPÖ-Geschäftsführerin Laura Rudas ist nach eigenem Bekunden dafür, dass sich die Parteizentralen "aus den Medien raushalten". Zeilers Interview wollte auch sie nicht kommentieren.

Testlauf für die Ampel-Koalition?

Für Amtsinhaber Wrabetz dürfte sich bei der Wahl nach derzeitiger Sicht eine Mehrheit aus rot-grün-orangen Stimmen ausgehen. Politische Beobachter munkeln schon von einem bundespolitischen Testlauf für die Ampel-Koalition. OGM-Chef und Marktforscher Wolfgang Bachmayer glaubt nicht so recht an solche Szenarien, sieht aber für die SPÖ die Notwendigkeit, bis zur Nationalratswahl 2013 neben der Großen Koalition auch neue Formen der Zusammenarbeit zu finden.

Zwar sei die Wahl des ORF-Generals eine "hochpolitische Entscheidung", allerdings sei die realpolitische Umsetzung einer solchen Konstellation aus drei Parteien eher fragwürdig, meinte Bachmayer. Rein arithmetisch werde eine rot-grün-orange Mehrheit im Nationalrat "eine mehr als knappe Geschichte", wenn man die derzeitigen Umfragewerte der drei Parteien zugrunde legt. Auch sei eine Dreier-Koalition hierzulande noch unerprobt und in der praktischen Umsetzung wohl schwierig, schließlich zeige sich ja regelmäßig schon bei zwei Partnern recht deutlich, wo Grenzen der Kooperation liegen können. Dazu gebe es gegenüber zahlreichen Personen hinter BZÖ-Obmann Josef Bucher zu große Vorbehalte in der Sozialdemokratie.

Ganz von der Hand zu weisen ist die These, dass die SPÖ auf Projektbasis die Tragfähigkeit anderer politischer Konstellationen abtestet, für Bachmayer aber nicht. Er verweist etwa darauf, dass man auch die Kärntner Ortstafelfrage als rot-blaues Unterfangen werten könne. "Dort wurde immerhin gezeigt, dass ein 50 Jahre ungelöstes Problem in Zusammenarbeit von Rot und Blau gelöst werden konnte." Aus heutiger Sicht sei eine SPÖ-FPÖ-Koalition zwar noch weit entfernt, aber realistischer als die Ampel-Koalition, glaubt er.

Das BZÖ profitiere aber von der Debatte. So sei es bemerkenswert, dass die Haider-Nachfolgepartei auch als möglicher Partner für Links-Koalitionen gehandelt werde und somit sozusagen als "Scharnierpartei" zwischen beiden Lagern dienen könne. Medienssprecher Stefan Petzner dazu: "Der ORF ist daher als Orakel für mögliche Regierungskoalitionen in der Zukunft völlig ungeeignet. Damit schadet man nur dem Unternehmen." Man wolle für den ORF den besten Kandidaten mit dem besten Konzept für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und: "Wir wollen, dass das Moltofon ausgeschalten bleibt!"

(APA/Red.)

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