Wiener Paar als „Terroristen“ zu Haftstrafen verurteilt

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Keine Milde für den zu vier Jahren Haft verurteilten Islamisten Mohammed Mahmoud. Er soll die Strafe voll absitzen. Im Zentrum der Anklage stand die Mitwirkung von Mahmoud an einem Drohvideo.

Wien. Die Festnahme von vier Terrorverdächtigen in Wien wirft ein Schlaglicht auf jenes junge Paar, das bereits wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung rechtskräftig verurteilt worden ist: Mohammed Mahmoud und Mona S. Er erhielt vier Jahre Haft, sie 22Monate. Im Zentrum der Anklage stand die Mitwirkung von Mahmoud an einem Drohvideo, in dem seinerzeit von Österreich der Abzug von Soldaten aus Afghanistan gefordert worden war. „Zerstört nicht die Sicherheit eines ganzen Landes wegen fünf Soldaten, die ihr nach Afghanistan geschickt habt“, hieß es.

Außerdem hatte Mahmoud an der Webseite der „Globalen Islamischen Medienfront“ mitgearbeitet und dort, so die Vorwürfe, die Ideologie der al-Qaida verherrlicht. Ebenfalls im Internet war im Rahmen eines „Märtyrer-Testaments“ zu lesen: „Ich lege Euch den Terror gegen die Feinde des Islam ans Herz. Ich empfehle Euch die Tötung von Köpfen des Unglaubens (...).“ Dieses Testament sei, so der Staatsanwalt im Wiener Prozess (dieser endete im Frühjahr 2008 und musste später wegen Formfehlern wiederholt werden), von Mahmoud kommentiert und gutgeheißen worden. Der Verdächtige selber sah sich nie als Terroristen. Er brachte dementsprechend Rechtsmittel gegen seine Verurteilung ein. Vergeblich.

Und wie gehen nun die für die tatsächliche Dauer des Vollzugs – Stichwort: vorzeitig bedingte Entlassung – zuständigen Richter mit Mahmoud um? Denkbar streng. Bisher wurden alle Versuche, die Mahmouds Verteidiger Lennart Binder unternahm, um seinen Mandanten aus der Haftanstalt Wien-Simmering freizubekommen, abgeschmettert. Zuletzt wurde dem seit September 2007 inhaftierten – zuerst U-Haft, dann Strafhaft – jungen Mann (er wird morgen, Samstag, übrigens 26Jahre alt) beschieden, dass er nicht mit Milde rechnen dürfe. In einem der „Presse“ exklusiv vorliegenden Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom Mai vorigen Jahres heißt es: Mahmoud habe erklärt, „das Recht gehe nach islamischem Glauben von Gott aus, nicht vom Volk (...)“. Und: „Sohin lässt der Beschwerdeführer (...) jegliche Schuldeinsicht vermissen und stellt das von ihm gesetzte strafbare Verhalten als legitim dar.“ Weiter ist von „überaus hohem Aggressionspotenzial“ die Rede.

Haftende – ausgerechnet der 11.9.

Daher komme eine vorzeitige Entlassung vorerst nicht infrage. Binder empfindet diese Einschätzung als geradezu „boshaft“. Sein Mandant sei ungefährlich. Es handle sich um einen Ersttäter: Mahmoud habe sich zuvor nichts zuschulden kommen lassen.

Binder nimmt an, dass Mahmoud nun die gesamte vierjährige Haftstrafe absitzen wird müssen, Haftende könnte im September sein. Wie es aussieht, dürfte es ausgerechnet der in diesem Zusammenhang heikle 11.September werden.

Indessen wurde die frühere Lebensgefährtin von Mahmoud, Mona S. (24), auch sie ist in Wien geboren, im Sommer vorigen Jahres aus der Haft entlassen. Sie musste immerhin zwei Drittel ihrer 22Monate langen Haft absitzen. Mona S. (sie fungierte untergeordnet als Übersetzerin von Internetbotschaften) hatte landesweit für Aufregung gesorgt, als sie darauf beharrt hatte, mit ihrer Burka im Gerichtssaal auftreten zu dürfen. Dies war ihr verwehrt worden. Der Prozess hatte ohne sie stattgefunden.

Mona S. führt mittlerweile ein neues Leben. Sie hat sich von Mahmoud getrennt, hat die Burka abgelegt. Und studiert Arabistik. Ihre Verurteilung empfindet sie nach wie vor als „extrem ungerecht“.

Auf einen Blick

Mohammed Mahmoud wurde wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Bisher wurden alle seine Versuche, vorzeitig bedingt entlassen zu werden, abgeschmettert. [AP]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2011)

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