Russland: Finanzminister Kudrin tritt zurück

Russland Finanzminister Kudrin (r.) und Kremlchef Dmitrij Medwedjew
Russland Finanzminister Kudrin (r.) und Kremlchef Dmitrij Medwedjew(c) AP (Dmitry Astakhov)
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Rücktritt nach der Absage des Ministers zur Mitarbeit unter dem künftigen Premier Medwedjew.

[Wien/Moskau/Ag.] Nach einem scharfen Haushaltsstreit hat Kremlchef Dmitrij Medwedjew den russischen Finanzminister Alexej Kudrin nach elf Amtsjahren entlassen. „Der Präsident hat den Ukas über die Freistellung des Vizeregierungschefs und Finanzministers unterzeichnet“, sagte Medwedjews Sprecherin Natalia Timakowa am Montag.

Regierungschef Wladimir Putin habe zuvor die Entlassung beantragt. Kudrin hatte Medwedjew unter anderem eine verfehlte Haushaltspolitik vorgeworfen und die geplante Erhöhung der Staatsausgaben für die Armee kritisiert. In einem von Medwedjew als Premier geführten Kabinett wolle er nicht dienen, hatte Kudrin gesagt. Der Präsident hatte dem international renommierten Ressortchef daraufhin bei einer Veranstaltung in der Stadt Dimitrowgrad vor versammeltem Publikum den Rücktritt nahegelegt. Er nannte Kudrins Kritik „ungebührlich“. Kudrin sei frustriert, dass er nicht selbst Regierungschef werden dürfe, spekulierte die Zeitung „Kommersant“ gestern.

Investoren beunruhigt

Kudrin ist der erste Minister, der die seit 2008 amtierende Putin-Regierung verlassen muss. Er war im Mai 2000 ernannt worden – auf Erlass des damals neu gewählten Kremlchefs Putin. Der Finanzminister gilt als Vertrauter Wladimir Putins und war international als Reformer bekannt. Sein unfreiwilliger Abgang könnte Investoren beunruhigen und den Reformkurs des Landes weiter verlangsamen. „Kudrin hat Reformen weitergebracht, zumindest während Putins erster Amtszeit. Wenn er nicht mehr im Amt ist, wer soll das übernehmen?“, kommentierte die Analystin Lilit Gevorgjan von IHS Global Insight.

Medwedjew soll nach Ablauf seiner Amtszeit 2012 das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen. Premier Putin strebt an Medwedjews Stelle wieder ins Präsidentenamt, das er schon von 2000 bis 2008 bekleidete.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2011)

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