Forschung im Reagenzglas und am Krankenbett

In vielen Ludwig Boltzmann Instituten steht die klinische Forschung im Zentrum.

Bei schweren Verletzungen mit großen Blutverlusten tritt häufig das Problem auf, dass zusätzlich die Blutgerinnung gestört ist – was zu einer deutlich erhöhten Mortalität führt. Am Ludwig Boltzmann Institut für Experimentelle und Klinische Traumatologie wird nach Abhilfe gesucht – in Form eines angepassten Diagnoseverfahrens, das eine maßgeschneiderte Volumens- und Blutkomponenten-Therapie ermöglicht, und mit verbesserten lokalen Blutstillungsmaterialien.

Solche Forschungen können nicht allein im Labor und im Reagenzglas gemacht werden, sondern müssen im direkten Kontakt mit Patienten durchgeführt werden. Das eingangs geschilderte Problem ist damit ein typischer Fall für „klinische Forschung“, die den direkten Nutzen für einen Patienten bzw. die Überführung von Ergebnissen der Grundlagenforschung in die klinische Praxis im Fokus hat („translational research“). Im „normalen“ Spitalalltag ist dafür nur wenig Platz – aus zeitlichen, organisatorischen und auch aus finanziellen Gründen. „Es bräuchte viel mehr zusätzliche Forschungsinfrastrukturen, die den behandelnden Arzt unterstützen“, erläutert der Leiter des LBI für Traumatologie, Heinz Redl. Und: „Der translatorische Forschungsansatz ist in einigen Bereichen innerhalb der Ludwig Boltzmann Gesellschaft optimal realisiert.“


Forschung an Spitälern. Viele LBI sind an Krankenhäusern angesiedelt und kooperieren eng mit medizinischen Universitäten. Im Fall der Traumatologie ist es das Lorenz Böhler Unfallkrankenhaus (Wien). Weitere Beispiele: LBI Osteologie (Unfallkrankenhaus Meidling), Retinologie (Rudolfstiftung), Elektrostimulation und physikalische Rehabilitation (Wilhelminenspital), Operative Laparoskopie (AKH Linz), COPD und Pneumologische Epidemiologie (SMZ Baumgartner Höhe) oder Lungengefäßforschung (LKH-Univ.- Klinikum Graz; siehe oben).

In all diesen Einrichtungen werden konkrete Probleme aus der klinischen Praxis – von der Wirksamkeit von Krebstherapien über den Einsatz von minimal-invasiven Operationsmethoden bis hin zu Mechanismen der Knochenentstehung – wissenschaftlich aufgearbeitet.

Dabei ist es oft auch möglich, die bisweilen engen Grenzen medizinischer Fachgebiete zu überschreiten. Im LB Cluster Kardiovaskuläre Forschung – entstanden aus der Fusion von zuvor drei separaten LBI – sei die „klassische Trennung zwischen Chirurgie und innerer Medizin überwunden“ worden, erläutert der Leiter Johann Wojta. Ähnliches gilt für die LB Cluster Oncology (Tumorstammzellenforschung) und Translational Oncology (minimale Resterkrankung). „Jede Entwicklung eines therapeutischen Konzepts kann extrem rasch eingeleitet und abgeschlossen werden“, sagt der Onkologe Peter Valent. „Wir können die von uns entwickelten Therapiekonzepte sehr oft bis zur Anwendung hin verfolgen und betreuen, was eine sehr motivierende Tatsache ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2011)

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