Israel forciert Ausbau der Siedlungen

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Der israelische Premier Benjamin Netanjahu kündigt an, die Arbeiten in den Siedlungen in Ostjerusalem und im Westjordanland zu beschleunigen, die Retourkutsche für den PLO-Alleingang bei der Unesco in New York.

Jerusalem. Als Antwort auf die Aufnahme der Palästinenser in die UN-Organisation für Erziehung, Kultur und Wissenschaft „Unesco“ will Israel 2000 neue Wohneinheiten in Ostjerusalem und im Westjordanland bauen lassen. Zum ersten Mal reagierte die Regierung in Jerusalem damit mit konkreten Maßnahmen auf die einseitigen Schritte der Palästinensischen Autonomiebehörde zur internationalen Anerkennung Palästinas.

Israels Regierung will zudem die Überweisung der palästinensischen Gelder stoppen und spezielle Ausweise für führende Politiker im Westjordanland für ungültig erklären. Saeb Erekat, Chef des PLO-Verhandlungsteams, nannte die Maßnahmen „Erpressung“. „Die unbedachten Schritte Netanjahus werden uns weder einschüchtern noch von unserem Kurs abbringen“, stellte der palästinensische Chefverhandler klar.

Schon stecken sich die Palästinenser neue Ziele: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) und eine Reihe weiterer UN-Unterorganisationen stehen offenbar auf der Liste für weitere Anträge auf Mitgliedschaft.

Einreiseverbot nach Israel

Im Anschluss an das sichere Veto der USA bei der Abstimmung des Sicherheitsrats wird sich die PLO an die UN-Generalversammlung wenden, um dort über die Anerkennung des Staates Palästina abstimmen zu lassen. Dass den Palästinensern dafür eine klare Mehrheit sicher ist, zeigt nicht zuletzt das Ergebnis bei der Unesco, das positiv für sie ausfiel, obwohl die USA die Streichung ihrer Unesco-Beitragszahlungen ankündigten, die gut ein Fünftel des Gesamtbudgets der UN-Kulturorganisation ausmachen.

Israel, so findet Erekat, hätte „das erste Land sein sollen, das den Palästinensern zur Unesco-Aufnahme gratuliert.“ Das Abstimmungsergebnis sei ein „Sieg für den Frieden und die Zweistaatenlösung“, meinte der PLO-Verhandlungschef. „Die Israelis müssen ihre Augen öffnen.“

Die Politiker in Jerusalem beharren darauf, dass die von der PLO in New York unternommenen einseitigen Schritte den Friedensprozess beeinträchtigen. Unesco-Mitarbeitern soll in Zukunft die Einreise nach Israel und in die Palästinensergebiete versagt bleiben.

„Diebstahl unserer Gelder“

Israels Premier Benjamin Netanjahu beteuert, dass die jüngst genehmigten Neubauten allesamt in solchen Siedlungen geplant sind, die ohnehin im Rahmen „einer jeden künftigen Einigung Teil Israels bleiben“. Doch solange der endgültige Grenzverlauf ungeklärt bleibt, interessiert es die PLO wenig, ob in Ostjerusalem oder andernorts gebaut wird.

Nabil Abu Rudeineh, ein Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, erzürnte auch der – wie er es nannte – „Diebstahl von Geldern, die dem palästinensischen Volk gehören“. Die Aufnahme Palästinas als Unesco-Mitglied diene der israelischen Führung nur als Vorwand, sagte er. „Der Siedlungsbau ist nie unterbrochen worden, nicht vor und nicht nach der Aufnahme Palästinas als Mitglied in der Unesco.“

Beratungen über den Iran

Trotz des Sieges der Palästinenser bei der Unesco und der neuerlichen Raketenangriffe auf Israel aus dem Gazastreifen stand die Auftaktsitzung der Knesset unter einem ganz anderen Thema: Iran. Die neue Chefin der Arbeitspartei Shelly Yachimovich warnte vor „Abenteuern“, und auch Oppositionsführerin Tzipi Livni appellierte, den Rat aus dem Sicherheitsapparat nicht zu ignorieren. Ein „Atomstaat Iran“, so konterte Ministerpräsident Netanjahu, sei „eine direkte und schwere Bedrohung“ für Israel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2011)

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