Investment. Seit der Preisexplosion vom Sommer hat Gold wieder an Wert verloren. Langfristig sei der Aufwärtstrend aber trotzdem intakt, sagen Experten.
Wien. Nachdem sich der Goldpreis jahrelang fast linear nach oben bewegt hat, waren die vergangenen Monate äußerst turbulent. Von Anfang Juli bis Mitte August schnellte der Kurs des Edelmetalls von unter 1600 auf über 1900 Dollar je Feinunze hoch, um bis Oktober wieder auf 1600 Dollar abzurutschen. Nach einer leichten Erholung geht es seitdem seitwärts. Am Dienstagnachmittag kostete eine Feinunze 1717 Dollar oder 1282 Euro.
Viele nahmen Gewinne mit
Damit scheint der Goldpreis Parallelen zum Aktienmarkt aufzuweisen: Auch dieser stürzte im August und September steil ab, seither wechseln einander kurze Erholungsphasen und Rückgänge ab. Hat Gold seine Eignung als Versicherung gegen Aktienverluste verloren? Analysten glauben das nicht.
Die Rückgänge hatten verschiedene Ursachen, meint Erste-Analyst Hans Engel: Die Börsen gaben infolge der Sorgen wegen der Schuldenkrise nach, der Goldpreis fiel, weil Investoren liquide Mittel (auch um Verluste auszugleichen) benötigten und sich deshalb von ihren Goldinvestments trennten. Zugleich nutzten solche, die mit Hebel investiert hatten (dabei werden Gewinne, aber auch Verluste vervielfacht) den steilen Preisanstieg zu Gewinnmitnahmen.
Hinzu kommt, dass Finanzinvestoren auf dem Futures-Markt ihre Wetten auf steigende Preise reduzieren. Auch das drückt den Preis, sagt Commerzbank-Analyst Daniel Briesemann. Eine weitere Rolle spielten auch höhere Anforderungen an Händler, da Terminbörsenbetreiber erforderliche Sicherheiten erhöht haben.
Die Nachfrage nach physischem Gold blieb jedoch intakt. Auch charttechnisch lasse sich beim Goldpreis ein Aufwärtstrend ablesen, sagt Engel: Die 200-Tages-Linie (dabei handelt es sich um den Durchschnitt der Schlusskurse der jeweils 200 letzten Tage) weist beim Goldpreis nach oben, beim US-Index S&P-500 aber leicht nach unten.
Das zeige, dass der Goldpreis einen anderen Trend verfolgt als die Börsen. An der Prognose der Erste Group, dass er Mitte nächsten Jahres bei 2000 Dollar liegen und in weiterer Folge auf 2300 Dollar ansteigen werde, will man festhalten, sagt Engel. Die Analysten der Commerzbank gehen im kommenden Jahr unterdessen von einem durchschnittlichen Kurs von 1800 Dollar aus. Ende 2012 könnte der Kurs auf 1900 Dollar klettern. „Heuer wird sich beim Preis aber nicht mehr allzu viel verändern“, sagt Commerzbank-Analyst Briesemann. Nachsatz: Es sei denn, etwas Dramatisches passiert.

Gute Zeit für „reale Werte“?
Gold dürfte sich auch in der nächsten Zeit besser halten als die meisten Währungen. Ob andere „reale Werte“ wie Aktien ähnlich gut abschneiden, müsse sich erst zeigen, meint Engel. Firmen mit großem Anlagevermögen könnten unter den steigenden Anschaffungskosten zu leiden haben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2011)