Wenn jemand in der Affäre Wulff zurücktreten muss, dann nicht dessen Sprecher.
Endlich war sie da – die Entschuldigung, auf die alle so lange gewartet hatten. Der deutsche Bundespräsident bedauerte erstmals, dass sein Umgang mit der Kreditaffäre für „Irritationen“ gesorgt habe – dass sein Handeln nicht immer „geradlinig“ gewesen sei.
Ein Befreiungsschlag ist Wulff mit seinem denkbar kurzen Quasi-mea-Culpa aber nicht gelungen. Es kam viel zu spät. Und von Geradlinigkeit ist nach wie vor keine Spur.
Das einzige „Geradlinige“ in Berlin Bellevue war an diesem Tag der Rücktritt des Präsidentensprechers. Doch der ist das falsche Opfer. Die Verfehlungen des Chefs nicht ausreichend zu beschönigen, kann nicht schlimmer sein als die Verfehlungen selbst.
In Österreich würde die Affäre Wulff vermutlich nicht einmal unter Affäre fallen. In Deutschlands politischer Szene gelten aber – zumindest bisher – höhere moralische Maßstäbe. Wenn jemand in der Causa seinen Hut nehmen muss, dann ist es der Präsident und nicht sein Megafon.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2011)