Skisprung: Kofler beendet Schlierenzauers Jackpot-Jagd

Andreas Kofler jubelt
Andreas Kofler jubelt(c) GEPA pictures (Gepa Pictures/ Andreas Pranter)
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Auch auf dem Bergisel gibt es einen österreichischen Doppelsieg. Aber diesmal landet Andreas Kofler vor Gregor Schlierenzauer, der den Traum vom "Grand Slam" begraben muss.

[INNSBRUCK] Sven Hannawald und vor allem der Versicherungsvertreter, der mit dem Veranstalter der Vierschanzentournee den Vertrag für den „Grand Slam" in Höhe von einer Million Franken (820.000 Euro) abgeschlossen hat, dürfen aufatmen. Denn Andreas Kofler beendete am Mittwoch auf dem Bergisel die Erfolgsserie von Gregor Schlierenzauer und zugleich mit dem triumphalen Sieg seinen Negativlauf auf dem Heimberg. Der Versicherung ist das Ende der Jackpot-Jagd nur recht, sie freut sich über eine Prämie in Höhe von 55.000 Euro und Hannawald bleibt der alleinige Rekordhalter. Auch Schlierenzauer darf sich entspannen. Er muss sich fortan von Hannawald nicht mehr als „Maschine" abstempeln lassen.

Kofler war den Tränen nahe, als er Schlierenzauers Sprung verfolgte. So groß war die Aufregung beim 27-jährigen Polizei-Inspektor. Schließlich war der Weltcupleader in Innsbruck noch nie auf dem Podest gestanden, doch als sein Teamkollege und der Japaner Takeuchi ihn nicht mehr überholen konnten, war er plötzlich der Sieger. Er, der es als „Lucky Loser" ins Finale geschafft hatte, stand nach Sprüngen auf 127,5 und 131,5 Meter im grellen Rampenlicht vor 22.500 Zuschauern im ausverkauften Bergisel-Oval.

Finales Duell zweier Stubaier

Kofler ist der erst dritte Tiroler nach Andreas Widhölzl und Schlierenzauer, dem diese Ehre auf dem Bergisel zuteil wurde. Und somit ist der Polizist nach dem dritten Bewerb der Vierschanzentournee auch der Einzige, der Schlierenzauer den Gesamtsieg noch streitig machen kann. Zwei Stubaier rittern folglich am Dreikönigstag in Bischofshofen um die Krone im Skispringen. Der Abstand zwischen Erstem und Zweitem beträgt nur noch 17 Punkte, damit ist alles möglich. Allerdings hat Schlierenzauer zehn Meter Vorsprung.

„Das ist der Hammer", brüllte Kofler, „das sind Emotionen pur. Mir zieht es eine Ganslhaut auf." Mit seinem innigsten Wunsch, dem Heimsieg, meldete er sich im Duell um den Tourneesieg zurück. „Jetzt geht es wieder aufwärts. 17 Punkte sind zwar viel, aber die Möglichkeit besteht, Gregor abzufangen. Ich werde es probieren." Damit wäre es auch mit der von Cheftrainer Alexander Pointner so heraufbeschworenen Eintracht im Adlerteam für die kommenden zwei Tage vorbei.

Dass er nie den Glauben an sich verloren hatte, musste Kofler nicht gesondert betonen. Dennoch stand er im Schatten Schlierenzauers, der sowohl in Oberstdorf als auch in Garmisch-Partenkirchen jeweils vor ihm siegen konnte. Kofler jedoch vertraute weiter auf sein bewährtes System, vor allem aber seinen kaputten Fußballsocken. Seitdem ihm einst der Privatsender RTL vor Jahren anlässlich eines Fußballländerspiels ein Paar Socken schenkte, schwört er auf diese dünnen Bekleidungsstücke. Sie bringen Glück, sie geben Sicherheit. Dass sein Modell bereits löchrig und zerschlissen ist, stört ihn nicht. „Ich bin stolz auf die Qualität meiner Sprünge. Das war eine enorme Steigerung."

„Es geht mir nur um die Tournee"

Für Schlierenzauer ging trotz des geplatzten Millionentraumes die Welt nicht unter. Der 21-Jährige blieb gelassen, er gönnte Kofler diesen Erfolg. Und angesichts des Vorsprungs, den er zum Finale in Bischofshofen mitnimmt, tut er auch gut daran, sich nicht von seinem „Weg" ablenken zu lassen. An das viele Geld, sagt Schlierenzauer, „habe ich bis zuletzt keinen Gedanken verschwendet. Ich will doch die Tournee gewinnen und es hat sich durch das Ende meiner Serie nichts geändert." Und ein drittes Mal nach 2007 und 2008, vor allem so kurz vor seinem größten Triumph, werde er sich nicht mehr die Show stehlen lassen.

Durch diese Finalpaarung erhielt einmal mehr ein österreichisches Phänomen bei der Tournee Gewicht. Der eigene Teamkollege ist auf diesen vier Schanzen immer der größte Feind. Innauer und Schnabl rieben sich schon auf, Kogler und Neuper oder Vettori und Felder wiederholten das Spiel. Nun sorgen Kofler und Schlierenzauer für die Neuauflage.

Ein Österreicher wird die 60. Tournee definitiv gewinnen. Der vierte, historische ÖSV-Sieg en suite wird damit Wirklichkeit. Welcher Springer jubeln wird, ist Cheftrainer Pointner gleich. „Das Wichtigste ist mir, dass sie sich gegenseitig respektieren." Der Rest entscheidet sich auf der Schanze.

Vierschanzentournee Gesamtwertung

1. Gregor Schlierenzauer AUT 557,8
2. Andreas Kofler AUT 535,6
3. Daiki Ito JAP 532,3
4. Thomas Morgenstern AUT 532,2
5. Severin Freund GER 526,2

Weltcup Gesamtwertung

1. Andreas Kofler AUT 668
2. Gregor Schlierenzauer AUT 576
3. Anders Bardal NOR 459
4. Thomas Morgenstern AUT 436
5. Richard Freitag GER 380

("Die Presse", Printausgabe vom 5. Jänner 2012)

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