KAV-Direktor Marhold und Minister Stöger pochen auf die Pflicht, Notfälle aufzunehmen. Laut AKH-Betriebsrat ist der Fall Folge des Sparens. „Die Spitäler haben einen klaren Auftrag“, so der Gesundheitsminister.
Wien/Cim. Eine Wienerin fährt in der 13. Schwangerschaftswoche mit Blutungen ins Spital Göttlicher Heiland, dort wird sie untersucht und nach Hause geschickt, im AKH wird sie abgewiesen, in der Rudolfstiftung wird sie schließlich stationär aufgenommen, erlitt aber eine Fehlgeburt. Dieser Fall sorgt für schwere Kritik am AKH.
„Die Spitäler haben einen klaren Auftrag“, so Gesundheitsminister Alois Stöger (SP). Es könne nicht sein, dass sich ein Spital nur für die Spitzenmedizin zuständig fühlt, sagt Stöger, und kündigt eine Untersuchung an. „Es tut uns sehr, sehr leid“, sagt Reinhard Krepler, der Ärztliche Direktor des AKH. Er spricht von einer „missglückten Kommunikation“. Die behandelnde Ärztin hätte gedacht, die Frau komme nicht wegen einer Blutung, sondern wolle sich zur Geburt anmelden. Derzeit könnten aber nur Risiko-Schwangere zu Geburten angenommen werden.
„Betten waren frei“
Auch im Göttlichen Heiland habe man nicht die geeigneten Maßnahmen getroffen, sagt Stöger. Auch dort zeigt man sich zerknirscht. Aber: „Es wurden häusliche Bettruhe und eine Medikation verordnet. Eine Aufnahme hätte diesen Verlauf nicht verhindern können“, heißt es. Wilhelm Marhold, Generaldirektor des Krankenanstaltenverbundes (KAV), kritisiert das AKH. Es habe sich um einen „gynäkologischen Notfall“ gehandelt, das AKH sei verpflichtet, Notfälle aufzunehmen. Am betreffenden Tag seien Betten dafür frei gewesen.
Betriebsrat: Schuld ist das Sparen
Der Betriebsrat der AKH-Ärzte sucht die Ursachen für diesen Fall in der Sparpolitik. „Es ist vermutlich eine erste Konsequenz der Personalreduktion. Solche Fälle werden sich, fürchte ich, häufen, wenn weiter abgebaut wird“, argumentiert Thomas Szekeres, der Chef des Betriebsrates des ärztlichen AKH-Personals, und kündigt Betriebsversammlungen an. Marhold nennt den Hinweis auf die Sparmaßnahmen „verquer“. Einen Notfall dafür zu nutzen, um Sparmaßnahmen zu kritisieren, „verstehe er nicht“. Aber auch die Ärztekammer sieht in dem Fall dieser Frau ein „Zeichen für zunehmende Engpässe“. Krepler weist das zurück, im AKH stünden alle medizinischen Leistungen zur Verfügung.
Keine Häufung von Abweisungen
Besonders groß dürfte die Zahl abgewiesener Patienten nicht sein. „Aus Beschwerden lässt sich das ablesen“, sagt Konrad Brustbauer, Wiens Patientenanwalt. Es komme vor, dass Spitäler eine Aufnahme ablehnten. Er sei pro Jahr mit einer einstelligen Zahl solcher Beschwerden konfrontiert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2012)