Die Anzeige gegen den FPÖ-Chef dürfte laut Jurist Fuchs nicht zu einer Verurteilung führen. Entscheidend sei immer, ob sich aus dem Gesamtzusammenhang ergebe, dass der Täter die NS-Zeit gutheißen wollte.
Wien/Aich. Nachdem die Äußerungen von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am WKR-Ball bekannt geworden waren, kündigte die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) eine Anzeige an. Es habe eine „Holocaust-Relativierung“ stattgefunden. Das NS-Verbotsgesetz lässt hier der Justiz einen weiten Spielraum. Laut der Norm ist jede Betätigung im NS-Sinn zu bestrafen. Und unter diese Generalklausel kann auch jemand fallen, der eine positive Meinung über die NS-Zeit äußert. Zusätzlich hält das Gesetz an anderer Stelle noch fest, dass das öffentliche Verharmlosen oder Rechtfertigen der NS-Verbrechen jedenfalls verboten ist.
„Wir sind die neuen Juden“ soll Strache vor Ballgästen erklärt haben. Zudem soll er gemeint haben, die Angriffe auf die Burschenschafter-Buden vor dem Ball seien „wie die Reichskristallnacht gewesen“. Reicht das für eine Verurteilung? „Ich halte die Aussagen für extrem geschmacklos, aber strafrechtlich relevant sind sie wahrscheinlich nicht“, meint im Gespräch mit der „Presse“ Helmut Fuchs, Vorstand des Instituts für Strafrecht an der Uni Wien. Entscheidend sei immer, ob sich aus dem Gesamtzusammenhang ergebe, dass der Täter die NS-Zeit gutheißen wollte. Der Strache-Sager allein reiche aber wohl nicht, um das feststellen zu können, meint der Jurist. Der Strafrahmen für die Äußerungen würde ansonst bis zu zehn Jahre Haft betragen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2012)