Budgetdefizit: Aufstand gegen Strafe gescheitert

EU-Finanzminister. Ungarn muss mit dem Verlust von knapp 500 Millionen Euro an EU-Subventionen rechnen.

Brüssel/Go. Auch eine Welle empörter mitteleuropäischer Solidarität hat Ungarn nichts gebracht: Am Dienstag beschlossen die Finanzminister der EU in Brüssel, dass ab dem Jahr 2013 Ungarn 495 Millionen Euro an zugesicherten EU-Kohäsionsförderungen verliert, wenn es seinen Staatshaushalt nicht glaubhaft saniert.

Das einzige Zugeständnis an Budapest besteht darin, dass die Androhung dieser Strafe schon beim übernächsten Finanzministerrat am 22. Juni auf der Stelle beendet wird, falls die ungarische Regierung bis dahin entsprechend solide Reformen nach Brüssel meldet. „Wir werden die Suspendierung der Beihilfen sofort aufheben, wenn Ungarn das tut, wovon es sagt, dass es das tun will“, sagte die dänische Ministerin und Sitzungsleiterin Margrethe Vestager nach Ende des Ratstreffens.

Dem war eine überraschend lange und dem Vernehmen nach hitzige Debatte der Minister vorangegangen. Vor allem die Vertreter mittelosteuropäischer Staaten, darunter Österreichs Maria Fekter, hatten darüber geklagt, dass das kleine Ungarn sofort hart bestraft wird, während man dem großen Spanien sein überbordendes Defizit nonchalant nachsehe. Der polnische Finanzminister Jacek Rostowski etwa stimmte dem Sanktionsbeschluss nicht zu. Er argumentierte, dass es geradezu widersinnig sei, einem Land, das ohnehin mit einer Wirtschaftskrise kämpfe, zusätzlich noch wachstumsfördernde EU-Gelder zu streichen.

Ungarn wird heuer voraussichtlich drei Prozent und 2013 3,6 Prozent Neuverschuldung aufnehmen. Beide Werte liegen über den ursprünglichen Zusagen an die Europäische Kommission und die anderen 26 Finanzminister.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2012)

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