Offiziell schwiegen in Syrien die Waffen, trotzdem kamen vier Menschen ums Leben. Auch sind nach wie vor Panzer in den Wohngebieten stationiert. Die Opposition sieht den Friedensplan daher nur teilweise erfüllt.
Die Waffen in Syrien ruhten am Donnerstag - erstmals nach dem Volksaufstand, der vor über einem Jahr begonnen hat. Um 5 Uhr trat ein vom Sondergesandten der UNO und der Arabischen Liga, Kofi Annan, vermittelter Waffenstillstand in Kraft. In den ersten Stunden schien er, trotz arger Zweifel seitens der syrischen Opposition, zu halten. Annan nannte die Lage am Donnerstag "relativ ruhig". Das Land erlebe "einen seltenen Moment der Ruhe". Sowohl Opposition wie Regierung hätten nun aber die Pflicht, den Sechs-Punkte-Plan vollständig umzusetzen. Dieser sieht unter anderem die Aufnahme eines politischen Dialogs vor.
Annan hat die Vereinten Nationen aufgefordert, so schnell wie möglich UNO-Beobachter nach Syrien zu entsenden. Die Experten sollen den Waffenstillstand überwachen. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon kündigte dazu die Entsendung norwegischen Generals Robert Mood nach Damaskus an. Er soll eine mögliche Beobachtermission vorbereiten.
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sprach am Donnerstag von einer nach wie vor "sehr fragilen Lage". "Wir müssen unbedingt verhindern, dass aus dieser schlimmen Lage in Syrien ein Flächenbrand in der gesamten Region werden könnte", so Westerwelle.
Panzer bleiben in Wohngebieten
Wegen der anhaltenden Präsenz von Panzern in Wohngebieten sehe der Syrische Nationalrat den Plan allenfalls als zum Teil umgesetzt an, erklärte eine Sprecherin am Donnerstag. Die Exil-Opposition warnte, wer nach den Gebeten auf die Straße gehen, müsse mit dem Beschuss durch Soldaten rechnen.
Doch auch am Donnerstag schien die Ruhe trügerisch zu sein: Knapp ein Jahr nach Beginn des Volksaufstands gegen Präsident Bashar al-Assad lagen zwar keine Berichte über den Einsatz schwerer Waffen vor, dennoch wurden mindestens vier Menschen getötet. Staatlichen Medien zufolge kam bei einer Bombenexplosion ein Offizier ums Leben. Oppositionelle berichteten indes, dass Sicherheitskräfte sechs Stunden nach Inkraftreten der Waffenruhe einen Mann in der Provinz Hama erschossen hätten. Dieser habe sich geweigert, an einem Kontrollposten anzuhalten.
Fischer: "Kein Militärschlag ohne Resolution"
Bundespräsident Heinz Fischer meldete sich am Donnerstag ebenfalls zur Lage in Syrien zu Wort. Bei einem Gespräch mit dem portugiesischen Außenminister Paulo Portas habe Einigkeit darüber geherrscht, dass "ein militärisches Eingreifen ohne Sicherheitsresolution nicht auf der Tagesordnung steht", sagte Fischer in Lissabon. Gleichzeitig müsse der Druck auf Syrien "auf einer möglichst breiten Basis" vergrößert werden, "damit das Blutvergießen zu einem Ende kommt."
Friedensplan
Der Sechs-Punkte-Plan des Sondergesandten von UNO und Arabischer Liga, Kofi Annan, sieht vor, dass das syrische Regime Dienstag 5 Uhr MESZ mit dem Truppenabzug aus den Städten beginnt. Danach setzte eine 48-Stunden-Frist für die Umsetzung der Waffenruhe und den Abzug der Truppen aus den umkämpften Städten ein. Internationalen Hilfskräften soll der Zugang in umkämpfte Gebiete gewährt werden. Ab Donnerstag sieht der Friedensplan eine Waffenruhe vor.
(Ag./Red.)