Kuba, Drogen, Armut – und die Sexpartys der US-Bodyguards

(c) AP (Fernando Llano)
  • Drucken

Kaum eine Annäherung gab es beim Amerika-Gipfel in Cartagena zum Thema Drogenlegalisierung oder Kuba-Sanktionen. Die Schlagzeilen dominierten aber ohnehin die Ausschweifungen des Secret Service.

Cartagena. Es standen große Themen auf dem Programm – Armut und Ungleichheit, Naturkatastrophen und die Integration des gesamten Kontinents. Und doch wird vom Amerika-Gipfel im von tausenden Soldaten und sogar vier U-Booten abgesicherten kolumbianischen Kolonialjuwel Cartagena vor allem ein Thema in Erinnerung bleiben: die Vergnügungen der Bodyguards von Barack Obama.

Nach dem Abschluss der zweiwöchigen Vorbereitungen des Karibiktrips des US-Präsidenten und seiner 200-köpfigen Delegation hatten die Männer des Secret Service im eleganten und strandnahen Hotel Caribe lautstark gefeiert. Mindestens elf Personenschützer ließen den Abend im Hotelzimmer ausklingen, begleitet von käuflichen kolumbianischen Konkubinen. Diese Vorgänge, wie sie in fast allen lateinamerikanischen Sternehotels zum diskret organisierten Alltag der Nachtportiers gehören, flogen auf, weil es Ärger um die Bezahlung einer der Damen gab. Auch wenn die US-Behörden die inkriminierten Agenten sofort abzogen und beteuerten, die Sicherheit des erst zwei Tage nach der Sause angereisten Präsidenten sei in keinem Moment gefährdet gewesen – Lateinamerika findet in den US-Medien wieder einmal statt als Kontinent von Partys, Strand und leichten Mädchen.

Und – natürlich – Drogen. Es war schon fast symbolhaft, dass Obama ausgerechnet auf einem Forum, das sich den ausgezeichneten Wachstumsperspektiven in der sich rasant entwickelnden Region widmen sollte, die Welt und seine Wähler wissen ließ, dass eine Legalisierung der Drogen für ihn nicht infrage komme. Damit antwortete der US-Präsident auf mehrere Initiativen, die in den vergangenen Monaten von Präsidenten Süd- und vor allem Mittelamerikas gestartet wurden. Länder wie El Salvador, Honduras oder Guatemala sind mit der Repression der Drogenbanden völlig überfordert. Während diese Staaten in Gewalt versinken, verschlingen die Investitionen in Polizei und Militär einen Großteil des Budgets. Für Bildung und Soziales bleibt viel zu wenig übrig – in Ländern, in denen die internen Konflikte der Achtzigerjahre immer noch massiv nachwirken. Es war ausgerechnet ein konservativer Exgeneral, der neue guatemaltekische Präsident Otto Pérez Molina, der mit seiner Forderung nach einem Ende der repressiven Drogenpolitik jene Diskussionswelle ausgelöst hatte, die nun unweigerlich an die Strände von Cartagena schwappte, obwohl sie dort eigentlich nicht auf dem Programm stand.

Obama versicherte zumindest, eine Debatte über das Thema Drogenpolitik zu begrüßen. Härter als wachsweich konnte er kaum antworten, im sicheren Wissen, dass seine republikanischen Gegner vor den Präsidentschaftswahlen im November auf weitere Ausrutscher wie den Prostituiertenskandal lauerten. Entsprechend unnachgiebig waren auch Obamas Einlassungen zum Thema Kuba. Wie bei den fünf vorherigen Treffen war die Inselrepublik nicht eingeladen worden, mit der Begründung, dass nur funktionierende Demokratien gipfelwürdig seien.

„Letzter Gipfel ohne Kuba“

So war es dann auch Boliviens Präsident Evo Morales, in Vertretung des wegen seiner Krebstherapie verhinderten Hugo Chávez, der gleich nach Ankunft wissen ließ, dass dieses der letzte Amerika-Gipfel ohne Kuba sein müsse. Er und die Genossen der „Bolivarianischen Alternative“ würden sich weigern, 2015 nach Panama zu reisen, wenn dort nicht auch eine Delegation aus Havanna vertreten sei.

So wurde der Gipfel, der eigentlich eine bessere Integration von Nord- und Südamerika zum Ziel haben sollte, wieder einmal zu einem sündteuren Seminar über US-Politik. Manchen Latinos war es dabei sicher nicht ganz unrecht, wenn über die eigenen Defizite kaum gesprochen wurde.

In seiner Rede versprach Obama jedenfalls eine neue Ära der Kooperation: Lateinamerika erlebe derzeit vielversprechende Zeiten, rief er seinen Kollegen zu. Bereits auf dem vorigen Gipfel in Trinidad hatte er sein großes Interesse an der Region versichert, um sich dann konsequent abzuwenden. Während die USA gebannt gen Asien und Arabien starren, haben die Chinesen still und stetig den Hinterhof der USA eingenommen. China investiert in Venezuelas und Ecuadors Öl, in Perus Erze, in chilenischen Kupfer und argentinische Soja. Chinesen kaufen riesige Ländereien in Paraguay, Uruguay und Brasilien. Ausgerechnet in jenem Jahrzehnt, in dem Lateinamerika Boden unter die Füße bekommt, haben sich die USA zurückgezogen – und zugelassen, dass sich sein Hauptrivale strategische Reserven sichert.

Auf einen Blick

3 31 amerikanische Staats- und Regierungschefs nahmen am zweitägigen Gipfel im kolumbianischen Cartagena teil (Bild US-Präsident Obama mit seinem kolumbianischen Kollegen Santos). Themen waren unter anderem der Kampf gegen Armut und Drogen. Diskutiert wurden auch der Ausschluss Kubas aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und die US-Blockade gegen den Inselstaat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Barack Obama
Außenpolitik

Obama will Vorwürfe wegen Sexpartys "rigoros" prüfen

Laut Medien sollen Sicherheitskräfte des Präsidenten in Kolumbien Prostituierte getroffen haben. Die Einheiten wurden mittlerweile ausgetauscht. Die Republikaner wollen die Angelegenheit für sich nutzen.
Außenpolitik

Sexskandal: Secret Service im Zwielicht

Gelage des Elitetrupps, der zum Schutz des Präsidenten abgestellt ist, hat Nachspiel. Nacht mit Prostituierten in Kolumbien kostete mehrere Bodyguards den Job.
Sexaffaere Bodyguards USMilitaer beschaemt
Außenpolitik

Sexaffäre um Bodyguards: US-Militär "beschämt"

Der US-Geheimdienst Secret Service suspendierte elf Mitarbeiter von dem Amerika-Gipfel. Der Grund: Mutmaßliche Kontakte zu Prostituierten.
Barack Obama
Außenpolitik

Obama will Vorwürfe wegen Sexpartys "rigoros" prüfen

Laut Medien sollen Sicherheitskräfte des Präsidenten in Kolumbien Prostituierte getroffen haben. Die Einheiten wurden mittlerweile ausgetauscht. Die Republikaner wollen die Angelegenheit für sich nutzen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.