Wettbewerbsfähigkeit: Österreich ist nur noch Mittelmaß

Oesterreich von Ratingagentur herabgestuft
Oesterreich von Ratingagentur herabgestuft(c) dapd (Hans Punz)
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Studie. Grund für den Absturz in etlichen Wettbewerbsrankings ist die mangelnde "Effizienz von Verwaltung und Regierung".

Die vergangenen fünf Jahre könnte Österreich getrost aus dem kollektiven Gedächtnis löschen. Zumindest dem heimischen Wirtschaftsstandort wäre damit ein guter Dienst erwiesen. Denn seit 2007 verlor das Land in Sachen Wettbewerbsfähigkeit beständig an Boden. Im „World Competitiveness Report" des renommierten Schweizer Instituts IMD, der am heutigen Donnerstag präsentiert wird, rutschte Österreich seither um zehn Plätze ab. Unter 59 Ländern reicht es heuer gerade noch für den 21. Rang. Eine zweite aktuelle Studie zeichnet ein ähnliches Bild. Im „Global Benchmark Report" des dänischen Industrieverbands fällt Österreich unter 33 OECD-Staaten auf den 17. Platz ab. Damit ist das Land in Sachen Wettbewerbsfähigkeit endgültig nur noch Mittelmaß. Die Gründe dafür sind vor allem in der Politik zu suchen.

Nur fünf Regierungen geben mehr aus

Denn eigentlich wären die Voraussetzungen gar nicht so schlecht: Österreich hat geschickte Unternehmer, die nicht nur die bekannten Branchengrößen, sondern vor allem auch auch leistungsstarke Klein- und Mittelbetriebe führen. Das bescheinigt zumindest die IMD-Studie. Zudem finden die Firmenchefs nur in zwei Ländern motiviertere und in sieben Ländern produktivere Mitarbeiter. Gut ausgebildete Angestellte zu finden ist hierzulande jedoch schwieriger als in 49 anderen Ländern der Studie.
Der Hauptgrund für die schlechten Gesamtnoten Österreichs ist aber nicht in der Wirtschaft zu suchen. Vor allem die Kategorie „Government Efficiency" (Effizienz der Verwaltung in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit) drückt das Land nach unten. Lag Österreich 2007 noch auf Platz zehn, so reicht es heuer nur noch für den 33. Rang. Mehr als die Hälfte dessen, was die Österreicher im Jahr erwirtschaften, gibt der Staat wieder aus, kritisieren die Autoren. Nur in fünf Ländern geht der Steuer-Euro noch lockerer von der Hand. Da sich die Republik aber mit knapp 42 Prozent der Wirtschaftsleistung als Steuereinnahmen „begnügt", muss die Regierung noch kräftig Schulden machen, um den laufenden Betrieb zu finanzieren. In Summe wird die Fiskalpolitik nur in drei Ländern noch schlechter bewertet als in Österreich. Dabei sind die Steuererhöhungen des Vorjahres noch gar nicht berücksichtigt.

Frauenquoten: "Nice to have"?

Darüber, woran es mangelt, herrscht Einigkeit: Das Pensionssystem müsse reformiert, Länder und Gemeinden zu mehr Haushaltsdisziplin angehalten werden. Bis die Probleme nicht nur erkannt, sondern auch gebannt sind, dauert es mittlerweile aber schon Jahrzehnte. In Österreich werde über viele Dinge diskutiert, die „nice to have" seien, wie Frauenquoten oder kürzere Arbeitszeiten, sagt Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung. Der Blick auf Fundamentales gehe verloren.

Auch im Vergleich mit den wichtigen Handelspartnern sieht Österreich nicht besonders gut aus. Deutschland kletterte um einen Platz auf Rang neun. Die wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft war Hongkong. Ansonsten profitierten vor allem jene westlichen Länder, die es geschafft haben, ihre Industrie wieder zurückzuholen, sagt IMD-Chef Stéphane Garelli. Auf dem zweiten Platz landen die USA, gefolgt von der Schweiz. Fast alle Krisenländer Europas finden sich am hinteren Ende der Rangliste, Griechenland ist Vorletzter. Die Ausnahme ist Irland. Die Grüne Insel überholte im Vorjahr sogar Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2012)

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