Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen im Norden des Landes dauern an. Auslöser der Unruhen waren Übergriffe der radikalislamischen Sekte Boko Haram auf Kirchen.
Wien/Kaduna/Abuja/Ag. Bei den jüngsten interreligiösen Auseinandersetzungen in Nigeria sind nach Angaben von Polizei und Rotem Kreuz seit Montag mindestens 80 Menschen ums Leben gekommen. Auslöser der Unruhen waren Übergriffe der radikalislamischen Sekte Boko Haram auf Kirchen. In der nordöstlichen Stadt Damaturu hatten sich am Dienstag Kämpfer von Boko Haram Schusswechsel mit Sicherheitskräften geliefert, teilte die Polizei mit. Dabei seien 34 Aufständische und sechs Polizisten getötet worden. Papst Benedikt XVI. verlangte ein Ende der „terroristischen Angriffe“ auf Christen und forderte alle Konfliktparteien auf, auf Vergeltungsakte zu verzichten.
Auch in der nördlichen Stadt Kaduna soll es gestern wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen gekommen sein. Dabei seien mindestens 40 Menschen getötet und 62 verletzt worden, teilte das Rote Kreuz mit. Bis Montag waren dort schon mehr als 52 Todesopfer gezählt worden. Auslöser der Gewalt waren drei Anschläge auf Kirchen in der Provinz Kaduna. Wütende Christen übten daraufhin Vergeltung an Muslimen in Kaduna. Die Sekte Boko Haram hat angekündigt, ihre Anschläge auf Christen fortzusetzen. Abubakar Shekau, Anführer der Gruppe, sagte, es handle sich um Racheakte für die Ermordung von Muslimen in anderen Gebieten Nigerias. Die Sekte hat Verbindungen zu anderen islamistischen Gruppen in der Region, darunter al-Qaida.
Nigeria ist mit mehr als 160 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Der Anteil von Christen und Muslimen ist ausgeglichen, allerdings gibt es regionale Unterschiede: Der Islam dominiert den Norden, das Christentum den Süden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2012)