Von der Erhöhung der Eigenförderung

Die deutliche Erhöhung der Parteiförderung im Bund wird zwar wortreich relativiert, ist aber nicht zu erklären. Außer mit dem Fehlen von Gespür und Anstand.

Es ist alles ganz anders und genau genommen ziemlich einleuchtend: Gerade da es (semi-)private, moralisch mehr als fragwürdige Parteispenden waren, die die neuen Transparenzregeln notwendig gemacht hatten, wird nun die Förderung an die Bundesparteien erhöht. Dann sind private Parteispenden, die gleichzeitig auch erschwert werden, auch nicht mehr so notwendig wie bisher. Zudem schafft die bessere finanzielle Ausstattung der jeweiligen Bundesparteizentrale und der zeitgleiche leichte Sparkurs für die Landesparteien ein wenig mehr Unabhängigkeit für die Bundesparteichefs und ihre Bundesregierung von Landeshauptleuten, deren Macht auch wegen ihrer finanziellen Unterstützung an die jeweilige Mutterpartei so groß war und ist. Daher ist die neue großzügigere Regelung eigentlich ein Fortschritt für die Demokratie in Österreich. Dann heißt es da sogar noch: Die Wahlkampfkostenrückerstattung werde natürlich gestrichen, was wieder die Wahrscheinlichkeit von Neuwahlen senke.

Wer dies sagt und/oder glaubt, befindet sich im Gefangenendilemma der österreichischen Innenpolitik oder ist Pressesprecher beziehungsweise Generalsekretär von SPÖ oder ÖVP. Alle anderen werden die Erhöhung der (Bundes-)Parteifinanzierung, die insgesamt schon bisher eine der höchsten der Welt war, als das sehen, was sie ist: eine in Krisenzeiten einigermaßen obszöne Selbstbedienung der finanziell schwer angeschlagenen Regierungsparteien. Ob nun damit Erwin Prölls Einfluss auf Michael Spindeleggers kleinen Parteiapparat abnimmt oder zumindest nicht größer wird, ist das Problem der ÖVP und tut nichts zur Sache.

Die Regelung macht auch deswegen sprachlos, weil ihre Erfinder in den beiden Regierungsparteien in einer Mischung aus frecher Selbstverständlichkeit und nonchalanter Dreistigkeit den Griff in die Steuerkassen schönreden und -rechnen: Insgesamt komme sicher eine Null heraus, denn nicht nur die Landesparteien bekommen weniger, auch die Flüsse an die Bezirksparteien werden gedeckelt. (Wie viel die bisher bekamen, weiß in einem laut Selbsteinschätzung technisch und politisch hoch entwickelten Land wie Österreich einfach keiner.)

Die enorme Finanznot der beiden Parteien – „Die Presse“ berichtete – hat diese ungenierte gesetzliche Selbstversorgung offenbar notwendig gemacht. Die Situation muss so unangenehm gewesen sein, dass beide Parteien auch das moralische Verdienst des gesamten Transparenzpakets riskieren und demolieren. Immerhin sind die durch diverse Skandale notwendig gewordenen Bestimmungen für Lobbyismus bei und mit Politikern sowie für die Meldung von Nebenbeschäftigungen von Mandataren ein begrüßenswerter Schritt in Richtung politischer Normalität, die neuerdings nun Transparenz genannt wird. Denn mit den neuen Gesetzen werden vielfach Tätigkeiten beschränkt oder offiziell unterbunden, die mit normaler Kinderstube und der landläufigen Einschätzung, was man darf und was nicht, ohnehin keinem Politiker oder Lobbyisten hätten passieren dürfen.

Aber offenbar muss man gesetzlich festhalten, dass sich strafbar macht, wer „mit dem Vorsatz, sich dadurch in seiner Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen zu lassen“ Geschenke fordert oder einen „ungebührlichen Vorteil“ annimmt. Das hätte man bereits seit einigen Jahren annehmen dürfen. Denn nun wird das „Anfüttern“ offiziell zum Delikt. Und nein, Regierungsmitglieder dürfen dennoch als Gäste zu den Salzburger Festspielen fahren, da an deren Besuch „ein amtliches Interesse“ besteht.

Dass nun auch Parteispenden spät, aber doch (teil)publik gemacht werden, muss ebenfalls als überfälliger Entwicklungsschritt zu einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie gewertet werden. Dass die Eigentumsverhältnisse sowie die Inseratengeschäfte der Parteien offengelegt werden müssen, ist wohl auch nur in Österreich eine kleine positive Nachricht. Allerdings: Irgendwas sagt uns, dass auch in Zukunft versucht wird, mit Geld gefügig zu machen oder sich machen zu lassen. Denn die meisten handelnden Personen und Parteien bleiben dieselben. Siehe die Erhöhung der Eigenförderung.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2012)

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