Die Schuldnerländer fordern unbeschränkten Zugang zu günstiger Liquidität.
Noch versucht Deutschland den geldpolitischen Dammbruch zu verhindern. Noch sind es „nur“ Frankreich und Italien, die offen dafür eintreten, dass europäische Schuldnerstaaten unbegrenzt Zugang zu billigem Geld erhalten. Aber es wird nicht bei diesen beiden Staaten bleiben. Letzten Endes wird sich Deutschland geschlagen geben, um nicht für das Auseinanderbrechen der europäischen Einheitswährung an den Pranger gestellt zu werden.
Warum dieses Szenario ein wahrscheinliches ist? Weil kaum ein Eurostaat bis dato damit aufgefallen wäre, jene öffentlichen Ausgaben zurückfahren zu wollen, die sich die Länder längst nicht mehr leisten können. Statt dessen soll das zur Aufrechterhaltung der Wohlstandsillusion benötigte Geld einfach gedruckt werden.
Das wäre zwar ein offener Bruch europäischen Rechts, wie der ehemalige Chefvolkswirt der EZB, Jürgen Stark, anmerkt. Den Euro-Staaten ist es nämlich strikt verboten, sich an der Notenpresse zu bedienen. Allerdings bleibt auch kaum eine andere Wahl – für die Sanierung der Haushalte fehlt ja schlicht und ergreifend der politische Mut. Weshalb nun eben der permanente Rettungsschirm „ESM“ die Lizenz zum unlimitierten Ankauf von Staatsschulden erhalten soll.
Den Märkten wird damit signalisiert, dass der Euro um jeden Preis gehalten wird. Niedrig wird dieser Preis leider nicht sein – schließlich löst das Drucken von Geld kein einziges strukturelles Problem, schafft dafür aber tausend neue. Wie die Gefahr einer hohen Geldentwertung.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2012)