Fest für den Präsidenten: Angelobung zu Bossa-nova-Klängen

(c) AP (Jose Luis Magana)
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Die US-Hauptstadt Washington hat sich zur Jubelfeier für Barack Obama herausgeputzt. Hunderttausende Schaulustige wurden erwartet.

Washington. Blechern dringt die Stimme aus dem Lautsprecher. „Begrüßen Sie den Chefrichter des Obersten Gerichtshofs, John G. Roberts jr.“ Und kurz darauf: „Der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack H. Obama.“ Alles sollte diesmal wie am Schnürchen klappen bei der 57.Inauguration der US-Geschichte vor den Stufen des Kapitols. Die Generalprobe ließ dann auch nichts zu wünschen übrig.

Zwischendurch sorgten Bossa-nova-Klänge für Abwechslung bei den hunderttausenden Zaungästen an der Mall, an der drei Kilometer langen Prachtmeile zwischen Kapitol und Lincoln Memorial, die sich die Stunden vor der Angelobungszeremonie vertrieben. Die Schaulustigen versammelten sich vor der CNN-Bühne, wo sich Tage zuvor der republikanische Stratege Alex Castellanos seinen 40 Jahre alten Schnauzer aus Solidarität zu Obama-Berater David Axelrod rasieren ließ, um Geld zu sammeln für dessen Epilepsiestiftung. Afroamerikaner pilgerten in Scharen zum Martin-Luther-King-Denkmal anlässlich dessen Feiertags. „Es gibt immer noch Rassismus“, sagte Sandy aus Kentucky illusionslos. „Nur trägt er heute keine weiße Kapuze mehr, sondern Anzug.“

Vor dem Lincoln-Memorial drängte sich derweil lärmend eine Schulklasse aus St. Louis, und vor den Gitterstäben vor dem South Lawn des Weißen Hauses ertönte der schleppende Singsang der Südstaaten. Aus Georgia und Alabama sind Gruppen von Afroamerikanern angereist, um dem ersten schwarzen Präsidenten ihre Reverenz zu erweisen. Jim und Connor trugen indessen ein T-Shirt mit Obama-Konterfei, das die Relationen ein wenig zurechtrückte: „50 Prozent schwarz, 50 Prozent weiß.“

Obama als Pharao

Devotionalienhändler priesen ihre Ware an: „Fünf Dollar für Obama-Buttons.“ Die Anhänger des Präsidenten deckten sich mit Souvenirs ein: Obama-Kalender, Obama-Taschen, Obama-Kaffeetassen – versehen mit dem Signet der Inauguration oder dem Siegel des Weißen Hauses. Schließlich tauchte Obama auf einem Poster sogar als Pharao auf. Die Abstammung von einer ägyptischen Herrscherdynastie hat dem Präsidenten indes noch niemand vorgeworfen.

Washington hat sich zur Jubelfeier der Demokratie festlich herausgeputzt. Die Frontseite des Parlaments ist mit überdimensionierten US-Fahnen drapiert. Sternenbanner schmücken allerorts die Pennsylvania Avenue, die abgeriegelte Paradestrecke zwischen Kapitol und Weißem Haus, die der frisch angelobte Präsident später in seiner Limousine und womöglich auch ein paar Schritt zu Fuß zurücklegen wird. Nur an der kanadischen Botschaft wehten die Ahornblätter-Fahnen im Dutzend. „Kanada grüßt den Präsidenten“, prangte auf einem Schriftband.

Hinter der schusssicheren Plexiglas-Loge vor dem Weißen Haus wird der Präsident danach die Parade abnehmen. Dutzende Blasmusikkappellen in bunten Fantasieuniformen, unter anderem aus Little Rock und New Orleans, werden an ihm und seiner Familie vorbeiziehen. Rund ums Weiße Haus herrschte höchste Sicherheitsstufe. Mit Blaulicht und heulenden Sirenen jagten Polizeiautos durch die Straßen, an den Kreuzungen um den Lafayette Square blockieren Konvois von Trucks die Zufahrtswege. Aus der Vogelperspektive hatten Hubschrauber die Szenerie im Visier.

Am Vorabend der öffentlichen Angelobungszeremonie quoll das Kennedy Center am Ufer des Potomac über. Am einen Ende des Kulturkomplexes zelebrierten die Latinos unter der Ägide von Eva Longoria und Antonio Banderas ihre neue Bedeutung für Gesellschaft und Politik, am anderen Ende brachte Smokey Robinson mit dem Temptations-Song „My Girl“ sein Publikum zur Verzückung.

Währenddessen machten die Obamas und die Bidens einen Höflichkeitsbesuch bei einem Candlelight-Empfang für Großspender. Nach einem Plausch hinter der Bühne mit Stevie Wonder, einem Fan der ersten Stunde, überschütteten die beiden Paare einander mit Huldigungen und Liebeserklärungen. Barack Obama stellte sich mit Komplimenten für die neue Pony-Frisur seiner Frau Michelle ein, hielt sich in seiner Ansprache jedoch kurz. Die besten Zeilen wollte er sich schließlich für seine Inaugurationsrede aufheben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2013)

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