Nettozahler fordern Kürzungen in der EU-Verwaltung

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Finanzrahmen 2014–2020: Staatssekretär Reinhold Lopatka will, dass Brüsseler Beamte auch bei sich sparen. Das EU-Parlament hat schon vor Monaten eine Reform gefordert. Allerdings konnte man sich nicht einigen.

Wien/Brüssel. Wenige Tage vor Beginn des mit Spannung erwarteten EU-Budgetgipfels werden in Brüssel die Messer gewetzt. Mehrere Nettozahlerländer fordern drastische Kürzungen beim Verwaltungsapparat, wie Außenstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) nach einem Treffen der Außen- und Europaminister am Montag in einem Gespräch mit der „Presse“ erklärt hat. Insbesondere Deutschland und Großbritannien hätten die österreichische Position, dass bei aktiven Bezügen und Pensionen der EU-Beamten gespart werden müsse, unterstützt.

Eine Änderung des Beamtenstatuts sei daher dringend notwendig, so Lopatka. „Ich halte es für durchaus realistisch, dass sich die Kommission im Zuge der Budgetverhandlungen endlich bewegt.“ Da der anfangs von der Behörde eingebrachte Vorschlag für den Finanzrahmen 2014–2020 von vielen Mitgliedstaaten als zu hoch befunden worden war, hatte Ratspräsident Herman Van Rompuy Kürzungen in allen Bereichen vorgeschlagen. Für den Verwaltungsetat sind derzeit 62 Milliarden Euro veranschlagt – mehr als in der aktuellen Periode. Lopatka spricht daher von einem „window of opportunity“, das es zu nützen gelte, die Kommission von einer Revision des Beamtenstatuts zu überzeugen.

Auch EU-Abgeordnete Evelyn Regner (SPÖ) ist grundsätzlich dieser Meinung. „In der Wirtschaftskrise müssen alle sparen“, so Regner zur „Presse“. „Auch in den einzelnen Mitgliedstaaten gibt es drastische Kürzungen im Beamtensektor. Da können sich nicht einige wenige ausnehmen.“ Das EU-Parlament habe daher schon vor Monaten eine Reform gefordert. Allerdings konnten sich die Regierungen der 27 Mitgliedstaaten nicht auf Kürzungen einigen.

Dabei ging es unter anderem um die Verlängerung der 5,5-prozentigen Solidaritätsabgabe, die bisher von den Beamtengehältern einbehalten wurde. Sie lief zu Jahreswechsel aus. Doch auch bezüglich der von der Kommission anhand einer fixen Berechnungsmethode vorgeschlagenen Gehaltserhöhung von 1,7 Prozent gab es keine Einigung. Diese automatische Anpassung soll laut Lopatka fallen. Auch müsse das Regelpensionsalter von derzeit 63 Jahren erhöht und die Mindestwochenarbeitszeit auf 40 Stunden verlängert werden.

Derzeit verdienen mehr als 4000 der über 46.000 EU-Beamten rund 16.600 Euro brutto im Monat, bei über 11.000 Brüsseler Beamten stehen monatlich 12.000 Euro auf dem Gehaltszettel.

Gipfel könnte wieder scheitern

Derweil macht sich angesichts einer Einigung auf den Budgetrahmen im Umfang von etwa einer Billion Euro Ende dieser Woche derzeit wieder Pessimismus breit. Sowohl Berlin als auch Paris wollen ein Scheitern des Gipfels nicht ausschließen. „Wir werden alles tun, um Ende der Woche eine Einigung zu finden, aber noch sind wir nicht so weit“, meinte Frankreichs Präsident Fran?ois Hollande.
Angela Merkel pflichtete bei: „Wir können noch nicht sagen, ob die Gespräche erfolgreich sein werden, ich weiß nur, dass sie sehr schwer sein werden.“ Der erste Anlauf für eine Einigung war im November gescheitert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2013)

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