Mariahilfer Straße: Inflation der Bürgerbeteiligung

(c) Clemens Fabry
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Rund um die Umwandlung der Einkaufsmeile zur Fußgängerzone gibt es einen Marathon der Befragungen. Nur ändern lässt sich nicht mehr allzu viel am Grundkonzept.

Wien. Ob tatsächlicher Ausbau der Bürgerbeteiligung oder nur Modeerscheinung – die Anrainer der Mariahilfer Straße dürfen derzeit ziemlich oft ihre Meinung kundtun. Im Mittelpunkt steht die Umgestaltung der Einkaufsmeile zur Fußgängerzone bzw. die Schaffung verkehrsberuhigter Anrainerzonen. Allerdings: dass die Autos in Zukunft von der Mariahilfer Straße weitgehend verbannt werden, steht bereits fest. Es geht nur noch um Details – oder darum, politischen Druck aufzubauen.

So startet dieser Tage eine Anrainerbefragungder Bezirke sechs und sieben: Ende der Woche werden die Stimmzettel an je 2752 Bewohner in Mariahilf und Neubau verschickt – konkret an Anrainer in der Webgasse, der Schottenfeldgasse, der Otto-Bauer-Gasse und der Zieglergasse. Sie sollen darüber abstimmen, ob es über ihre Straßen möglich sein soll, die verkehrsberuhigte Mariahilfer Straße zu queren. Deadline ist der 22.Februar, Ende des Monats soll das Ergebnis feststehen.

Bereits im Laufen ist eine Umfrage, die die Wiener Wirtschaftskammer unter 9000 Unternehmen in Mariahilf und Neubau durchführt. Dabei wird erstens abgefragt, ob die Wirtschaftstreibenden generell für die vorgeschlagene verkehrsberuhigte Lösung sind, daneben wird abgefragt, ob sie glauben, dass ihnen diese Variante etwas bringen wird. Daneben sollen auch noch drei Querungen bewertet werden (Schottenfeldgasse/Webgasse und Otto-Bauer-Gasse mit Zieglergasse bzw. Andreasgasse). Zuletzt wird auch noch gefragt, ob Schottenfeld- und Webgasse durchgehende Einbahnen bleiben sollen. Klar ist, dass dieses Ergebnis keine bindende Wirkung hat – es geht dabei nur darum, der Politik ein Stimmungsbild der Wirtschaft zu geben.

Bereits Anfang Februar präsentierte die Wiener FPÖ eine Umfrage, die sie unter 96 Geschäftsleuten durchgeführt hat: Dort sprach sich mit 51 Stimmen eine knappe Mehrheit gegen die Umgestaltung der Mariahilfer Straße zur Fußgängerzone aus. Alles so lassen, wie es ist, war auch das Ergebnis einer Umfrage, die die Wiener ÖVP im Frühjahr 2012 durchgeführt hatte. Die Partei hatte 33.000 Postkarten an Haushalte der beiden Anrainerbezirke geschickt – von den 3638 zurückgeschickten Karten waren 2223 für eine Beibehaltung, das sind 61,4Prozent.

Die Wiener Grünen wiederum brüsten sich damit, dass sie mit rund 1800 Anrainern die Pläne für das kommende Modell erarbeitet haben – das allerdings nicht im Rahmen von Befragungen, sondern bei Dialogveranstaltungen. Die Ergebnisse dieser Veranstaltungen vom Herbst 2011 sollten in die weitere Planung einfließen.

Änderungen nur bei Details

Wie auch immer die noch ausstehenden Befragungen ausgehen, am Grundkonzept wird sich nicht mehr viel ändern. Noch im Sommer soll zwischen Andreasgasse und Kirchengasse eine Fußgängerzone eingerichtet werden, hier ist kein privater Autoverkehr zugelassen, dazu kommen zwei Abschnitte, in die nur Anrainer zufahren dürfen. Immerhin: Kommende Woche soll es noch ein Gespräch von Stadt Wien und den Bezirken Mariahilf und Neubau geben, bei dem über die Zufahrtsmöglichkeiten zu Hotels und Betrieben verhandelt werden soll.

Die Wirtschaftskammer fordert ganztägige Liefer- und Zustellzeiten, ausreichend Ladezonen und gute Erreichbarkeit der Geschäfte. Wenig Verständnis für diesen Wunsch zeigt allerdings Mariahilfs Bezirksvorsteherin, Renate Kaufmann: „Das würde die Fußgängerzone ad absurdum führen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2013)

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