Spanien

Konservative gewinnen Schicksals­wahl in Spanien - aber Mehrheit fehlt

Alberto Nuñez Feijóo hat mit seiner konservativen Volkspartei (PP) die spanische Parlamentswahl gewonnen - die absolute Mehrheit aber verfehlt.
Alberto Nuñez Feijóo hat mit seiner konservativen Volkspartei (PP) die spanische Parlamentswahl gewonnen - die absolute Mehrheit aber verfehlt.AFP/OSCAR DEL POZO
  • Drucken

Die Volkspartei verdrängt zwar die regierenden Sozialisten von Platz eins. Für eine Mehrheit mit der rechtsextremen Vox reicht es aber nicht. Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden.

Die spanische Nation verharrte am Sonntagabend gebannt vor den Fernsehern: Denn das Land erlebte eine heiße Wahlnacht mit einem überraschend knappen Ausgang. Die konservative Volkspartei siegte zwar. Doch der sozialdemokratischen Regierungschef Pedro Sánchez schlug sich sehr viel besser als erwartet.

Die Konservativen kamen nach Auszählung fast aller Stimmen auf 136 Sitze im Parlament. Sie errangen deutlich mehr Stimmen als in der Wahl in 2019, in der sie wegen eines Korruptionsskandals abstürzten und nur 20,9 Prozent holten. Allerdings erreichten sie keine ausreichende Mehrheit. Auch zusammen mit den Stimmen der Rechtsaußenpartei Vox wird es für die Konservativen schwierig werden, eine Regierung zu bilden. Dem Land droht nun eine Hängepartie.

Vox sackte auf knapp 12,4 Prozent (2019: 15,1) und 33 Sitze, weil offenbar eine Abwanderung von Vox-Wählern zu den Konservativen stattfand. Dem konservativen Lager wurden insgesamt 169 Mandate zugerechnet ­– die absolute Mehrheit liegt bei 176 Sitzen. Diese verfehlte auch die sozialistische PSOE von Regierungschef Sánchez. Sie kam mit 122 Sitzen auf Platz zwei. 

Spaniens amtierender Ministerpräsident Pedro Sánchez.
Spaniens amtierender Ministerpräsident Pedro Sánchez.JAVIER SORIANO/AFP

Brüssel blickte nervös nach Madrid

Schon zuvor waren die Wähler bei dieser Parlaments- und Regierungswahl ins Schwitzen gekommen. Im südlichen Andalusien herrschten hochsommerliche Temperaturen von bis zu 40 Grad. Dem Urnengang war zudem eine ungewöhnlich heftige Schlammschlacht vorausgegangen, in dem sich Sozialdemokraten (PSOE) und Konservative (PP) gegenseitig beschuldigten, einen Lügen-Wahlkampf zu führen. 

Der nationalen Wahl wurde besondere Bedeutung beigemessen, weil erstmals in der jüngeren Geschichte Spaniens die Möglichkeit bestand, dass zusammen mit Feijóos konservativer Volkspartei die ultrarechte und europaskeptische Partei Vox an die Macht kommen könnte. Eine Perspektive, die in Brüssel Sorgen bereitete.

Die radikale Agenda von Vox

Vox liegt auf einer Linie mit der deutschen AfD oder Frankreichs Rassemblement National von Marine Le Pen. Vox-Parteichef Santiago Abascal (47) verteidigt die 1975 untergegangene spanische Franco-Rechtsdiktatur, ist für einen starken Nationalstaat und will Spanien nicht länger EU-Recht unterordnen.

Vox-Parteichef Santiago Abascal fordert einen starken Nationalstaat.
Vox-Parteichef Santiago Abascal fordert einen starken Nationalstaat.APA / AFP / Thomas Coex

Abascal fordert zudem den Ausstieg aus den Klimaschutzabkommen und aus der europäischen Energiewende. In Spanien will er wichtige Errungenschaften wie das Abtreibungsrecht, die Gleichstellungsgesetze für Frauen und Rechtsgarantien für Homosexuelle und Trans-Menschen kippen.

Die Volkspartei und Vox regieren bereits in 130 spanischen Rathäusern und in vier Regionen zusammen. Eine rote Linie zwischen Konservativen und Rechtsnationalen, wie sie etwa die deutsche CDU zieht, gibt es in Spanien nicht. Der konservative Spitzenmann Feijóo erklärte, dass er zwar lieber ohne Vox regieren würde. Aber dass er, wenn es keine andere Möglichkeit gebe, einen Regierungspakt mit Vox nicht ausschließe.

Regierungsbildung dürfte schwierig werden

Sánchez‘ Sozialdemokraten (PSOE) kamen auf 32,0 Prozent der Stimmen, also nur knapp weniger als die Volkspartei. Sie errangen damit aber nur 122 Mandate. Immerhin haben sich die Sozialdemokraten gegenüber ihrem Ergebnis aus 2019 (28,0) verbessern können.

Der linksalternative PSOE-Partner Sumar, zu dem der bisherige Regierungssozius Podemos und 14 weitere kleinere Linksparteien gehören, kamen auf 12,2 Prozent und 31 Mandate. Das wäre ein Zuwachs für die Linksalternativen gegenüber 2019, als Podemos 9,8 Prozent erzielte.

Insgesamt holte das progressive Lager aus PSOE und Sumar aber nur 153 Mandate – deutlich weniger als der konservative Block. Allerdings könnte Sánchez versuchen, wie in der bisherigen Legislaturperiode, wieder die parlamentarische Unterstützung der kleinen Regionalparteien aus Katalonien und dem Baskenland zu gewinnen.

Die Regionalen können im neuen Parlament zusammengerechnet mit etwa 30 Sitzen rechnen. Die kleinen Regionalparteien könnten also wieder bei der Regierungsbildung eine wichtige Rolle spielen und unter Umständen Sánchez doch noch retten.

Die Unterstützung einer konservativen Regierung schlossen die meisten Regionalparteien aus. Vor allem, weil der konservative Spitzenkandidat Feijóo wenig Neigung zeigt, auf Autonomiewünsche einzugehen. Vox will sogar die bisherigen Selbstverwaltungskompetenzen der Regionen beschneiden und separatistische Parteien verbieten.

Bei seiner Stimmabgabe am Sonntag in Madrid hatte sich der sozialdemokratische Premier Sánchez optimistisch geäußert, seine Macht irgendwie retten zu können. „Ich habe ein gutes Gefühl“, hatte er gesagt. Sánchez gilt als Meister, auch aus schwierigen Situationen noch einen Ausweg zu finden. Doch dieses Mal dürfte es auch für ihn sehr schwierig werden, eine tragfähige Mehrheit zu konstruieren.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.