Arbeitsrecht

Bei Hitze arbeiten: Was gilt – und was sich ändern könnte

Einen Anspruch, die Arbeit unterbrechen zu dürfen, gibt es in Österreich auch bei extremer Hitze nicht.
Einen Anspruch, die Arbeit unterbrechen zu dürfen, gibt es in Österreich auch bei extremer Hitze nicht. APA / Tobias Steinmaurer
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Für Arbeitsräume gibt es Richtwerte, für die Bauwirtschaft Sonderregeln. Dem Klimawandel werde das nicht gerecht, beklagt die AK.

Wien. Muss man bei extremer Hitze arbeiten? Grundsätzlich ja. Zwar hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht für die Beschäftigten. Und das kann im Einzelfall auch heißen, dass er jemandem freigeben oder z. B. unfallträchtige Arbeiten unterbrechen muss. Einen generellen Rechtsanspruch, hitzefrei zu bekommen, gibt es jedoch nicht.

Aber welche Regeln gelten derzeit? Für Büroarbeiten und andere „Tätigkeiten mit geringer körperlicher Belastung“ sieht die Arbeitsstättenverordnung grundsätzlich Raumtemperaturen zwischen 19 und 25 Grad vor. Bei „normaler“ körperlicher Belastung sind es 18 bis 24 Grad, und bei „hoher“ Belastung sind als Minimum zwölf Grad vorgeschrieben. Ist eine Klima- oder Lüft­ungs­an­lage vorhanden, sollen ganz generell 25 Grad „möglichst“ nicht überschritten werden.

Ohne solche Anlagen müssen „sonstige Maßnahmen“ zur Senkung sommerlicher Temperaturen ausgeschöpft werden, wie nächtliches Lüften, Beschatten der Fenster oder Bereitstellen von Ventilatoren. All das bedeutet freilich auch: Die in der Arbeitsstättenverordnung angegebenen Höchsttemperaturen sind nur Richtwerte.

Bau: Hitze ist „Schlechtwetter“

Für die Baubranche gibt es Sonderregeln, dort gilt Hitze rechtlich als Schlechtwetter. Der Schwellenwert liegt bei 32,5 Grad, bekommen Arbeiter hitzefrei, gebührt ihnen aus der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse eine Entschädigung. Die Entscheidung, ob die Arbeiten unterbrochen werden, liegt jedoch beim Arbeitgeber.

Aus Sicht der Arbeiterkammer reichen diese Regeln nicht aus, um dem Klimawandel gerecht zu werden. Auf Kritik stößt dort vor allem, dass die in der Arbeitsstättenverordnung vorgesehenen Höchsttemperaturen nur Soll-Bestimmungen sind. „Der Klimawandel ist gekommen, um zu bleiben. Das, was wir wir jetzt haben, ist die Basis, es wird nicht mehr besser“, sagte der Meteorologe Andreas Jäger am Mittwoch bei einem Pressegespräch der AK. Die Zahl der Hitzetage mit mehr als 30 Grad habe sich laut Geosphere Austria in den vergangen Jahrzehnten bereits verdoppelt bis verdreifacht, und sie werde weiter steigen. Auch andere extreme Wetterereignisse, wie Starkregen, werden häufiger. „Der Sommer wie damals, in den 70er-, 80er-Jahren, den gibt es nicht mehr“, sagte Jäger.

„Siesta“ hat Nachteile

Die AK hat eine Broschüre veröffentlicht, in der Fragen zu den Auswirkungen der Klimakrise auf die Arbeitswelt beantwortet werden. An einer Anpassung des Arbeitsrechts führe aber kein Weg vorbei.

Dem Vorschlag, eine „Siesta“ einzuführen, also eine längere Arbeitspause über die Mittagsstunden, erteilt AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank indes eine Absage: Die Siesta sei in Form von geteilten Diensten etwa aus dem Handel, der Pflege und dem Tourismus bekannt. Und man wisse, „wie belastend das ist, weil viel mehr vom Tag von der Arbeitszeit besetzt wird“. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wüssten oft nicht, wo sie diese Zeit verbringen sollen, und sie kommen noch viel später nach Hause. Über einen früheren Dienstbeginn und ein früheres Dienstende könne je nach Branche und individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten hingegen durchaus nachgedacht werden.

Relativ schnell könnten laut Hruška-Frank bestimmte Detailregelungen angepasst werden, etwa zur Leistungsverweigerung bei Überstunden. Auch ein Rechtsanspruch auf Hitzefrei am Bau bei 32,5 Grad wäre rasch umsetzbar. Weiters notwendig sei z. B. ein Recht, nicht arbeiten zu müssen, wenn der Kindergarten etwa wegen eines Murenabgangs nicht erreichbar oder zugesperrt ist. Komplexere Sachverhalte will Hruška-Frank mit der Wirtschaftskammer in sozialpartnerschaftlichen Gesprächen in den kommenden Wochen behandeln. Auch Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) solle sich dieses Themas annehmen, sagte die AK-Direktorin. (cka/APA)

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