Leitartikel

Italien zeigt, warum sich das Risiko der Seidenstraße nicht lohnt

Italien will die Neue Seidenstraße verlassen
Italien will die Neue Seidenstraße verlassenAPA / AFP / Greg Baker
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Grund für die Entscheidung Giorgia Melonis, den lukrativen Pakt mit China nicht zu verlängern, ist transatlantische Loyalität – und pragmatisches Kalkül.

Giorgia Meloni, Italiens rechtsnationale Premierministerin, setzt gerade den gewagtesten diplomatischen Schritt ihrer bisherigen Amtszeit: Sie zeigt China offen die kalte Schulter. Rom wird, wie es schon seit Monaten vorsichtig signalisiert, mit Jahresende wohl die Neue chinesische Seidenstraße verlassen. Verteidigungsminister Guido Crosetto nennt den umstrittenen Investitionspakt von 2019 sogar „improvisiert und verwerflich“.

Das sind starke Worte, die das irritierte chinesische KP-Regime noch mehr brüskieren dürften. Für Peking ist Roms Kurswechsel ein peinlicher Gesichtsverlust: Schließlich hat es Italien damals als einziges G7-Land für das Projekt gewonnen. Rom hat gehofft, durch Chinas Milliarden sein riesiges Schuldenloch zu stopfen, was auf heftige Kritik westlicher Partner gestoßen ist, die in der Seidenstraße ein gefährliches Trojanisches Pferd sehen.

Hinter der Härte des Verteidigungsministers steckt freilich italienische Innenpolitik. Er nützt die Gunst der Stunde, um Gegnern eins auszuwischen und deren Verantwortungslosigkeit hervorzuheben: Das Memorandum of Understanding mit dem KP-Regime hat 2019 die populistische Regierung von Giuseppe Conte, der heute die oppositionelle Fünf-Sterne-Bewegung anführt, unterzeichnet. Auch Matteo Salvinis rechtspopulistische Lega war damals als Koalitionspartner mit an Bord. Salvini sitzt zwar heute wieder als Juniorpartner in der Regierung, ist aber auch Melonis erbittertster Rivale.

Bedeutender als innenpolitisches Geplänkel ist die globale Dimension der Kehrtwende. Indem Meloni den Bund mit China auflöst, will sie ihre transatlantische Loyalität unter Beweis stellen, wie sie es bereits mit ihrer Pro-Kiew-Haltung im Ukraine-Krieg macht. Melonis Wahlsieg im September 2022 stieß wegen der neofaschistischen Wurzeln ihrer Partei international auf viel Misstrauen, zumal sie auch mit dezidiert Kreml-freundlichen Parteien koalierte. Seitdem bemüht sich die Regierungschefin um internationale Salonfähigkeit. Den ultimativen Segen dürfte ihr vergangene Woche Joe Biden mit seinem herzlichen Empfang im Weißen Haus gegeben haben. Bei dem Treffen dürfte es auch um China gegangen sein.

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